Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Manchen, $.Jan. 1914.

Beitage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint i4tägig unter Leitung von Maier Prof. Ernst Berger.

I. Jahrg. Nr. 8.

Inhalt: Mikroskopische Untersuchungen über die in den verschiedenen Kunstperioden der Maierei verwen-
deten Farbstoffe. Von Prof. Dr. E. Raehimann in Weimar. (Schluss.) — Aite und neue Pasteiifarben.
Von E. B. (Schiuss.) — Aquareiihrnis. — Zaponiack. — Staubsicheres Einrahmen von Biidern.

Mikroskopische Untersuchungen über die in den verschiedenen Kunstperioden
der Malerei verwendeten Farbstoffe.

Von Prof. Dr. E. Ra
So kommt jenes zwischen Blau und Hell wech-
selnde Farbenspiel zustande, welches wir an guten
echten Lasursteinen bewundern.
Im allgemeinen ist der Stein um so schöner
und wertvoller, je dunkler seine Nuance ist.
Aber die ganz dunklen Steine, bei welchen die
ungefärbte Zwischensubstanz zurücktritt, sind in
der Edelsteinindustrie wieder weniger geschätzt.
Wird der Stein zu Pulver zerkleinert, so Anden
wir mikroskopisch die blauen Teile häufig von den
ungefärbten Teilen getrennt, bisweilen noch mit
Fragmenten der letzteren im Zusammenhänge.
Meistens erscheint das Pulver als eine Mischung
von halbdurchsichtigen farblosen silikatähnlichen
splitterigen Teilen und den blauen Fritten.
Dieses Pulver sieht dann in Kanadabalsam
eingebettet genau so aus wie das Frittenblau der
antiken Malerei, wenn man es längere Zeit in Kanada-
balsam bzw. in Glyzerin aufbewahrt hat und die
blaue Färbe teilweise verschwunden ist, so dass
die blauen Segmente, die noch vorhanden sind,
inmitten der beschriebenen glasartigen Splitterchen
liegen.
Wird das Frittenblau antiker Wandmalereien
auf dem Objektträger zerdrückt und mikroskopisch
untersucht, so finden wir dasselbe Bild: blaue
Fritten und feine ungefärbte durchsichtige Splitter!
Daneben finden sich dann zahlreiche Beimen-
gungen; je nach der Natur der Farbe in dem
weissgrauen Medium verteilt: gelbe, rote, grüne
Farbstoffe — Bimssteinpulver, gestossener Marmor
usw. Das Wesen der eigentlichen blauen Farbe,
der Fritte, ist aber immer dasselbe.
Für die beschriebene, eigentümliche Zusammen-
setzung der Fritte im Sinne der Stelle bei Theo-

hlmann in Weimar (Schluss.)
phrast spricht nun auch noch das Verhalten der
Fritten beim Glühen!
Bekanntlich ist das antike Frittenblau feuer-
beständig.
Wird aber dieses Blau längere Zeit geglüht
und dann in Kanadabalsam unter dem Mikroskope
bei mittlerer und starker Vergrösserung betrachtet,
so zeigt es doch, abgesehen vom Verschwinden
einzelner organischer und flüchtiger mineralischer
Bestandteile, auch an seinen blauen Fritten
Veränderungen, welche bisher verborgen geblieben
sind, weil man nicht mikroskopisch untersucht
hat. In den Fritten treten nämlich dunkle, braune
bis schwarze, vielfach sich kreuzende, wirr unregel-
mässig verlaufende Linien und Streifen auf, welche
wohl nichts anderes sein können als der optische
Ausdruck der Trennung der einzelnen kleinen
Teilchen des Blaus durch eine sie verbindende
Substanz, welche im Feuer beim Glühen andere
Brechung bzw. Färbung angenommen hat.
Alle diese Beobachtungen sprechen dafür, dass
die Fritte, nicht wie angenommen wurde, als ein
zerriebenes blaues (Kupfer-) Glas zu betrachten
ist, sondern dass in diesem (nach Plinius vielleicht
auch mittels Kupfer blau gefärbten) Glase der
eigentliche blaue Farbkörper (kleine Teilchen des
Lapislazuli?) eingeschlossen ist.
Das „Lomentum" des Plinius wäre demnach
als eine besonders schöne Sorte des Caeruleums
aufzufassen, indem ihm Lapislazuli von grosser
Feinheit und Güte zugesetzt war.
Es wurde schon hervorgehoben, dass das Cae-
ruleum = Frittenblau die einzige blaue Farbe ist,
welche wir in den antiken Wandmalereien Aegyp-
tens, Pompejis und Roms antreffen! — Als diffuse
 
Annotationen