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94

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 20.

bar farbig (ohne Staub, wie in Italien) und ist mir
als verwitterter Gneis erklärt worden. Wenn dies
in Kappadocien, dem Fundort der Sinopia, auch der
Fall ist, so wäre ja die Möglichkeit vorhanden, in
Deutsch-Ostafrika auch eine Sinopia zu finden.
Ich habe allerdings nur kleine Stückchen mit-
bringen können, doch steht Ihnen gern mehr zur
Verfügung."
Zur Geschichte des weissen
Aetzgrundes.
Von Hans am Ende-Worpswede.
Vor Jahren fand ich den schönen Brief des Rubens
vom 19. Juli 1621 an Peter van Veen (Guhl, Künstler-
briefe, Gutenberg, Berlin 1880, zweite Hälfte Seite
:37fr 38; Rosenberg, Rubensbriefe Seite 62 ff., erwähnt
von Lützow, Geschichte des deutschen Kupferstichs,
Berlin 1891).
„Ich habe erfahren, dass Sie ein Mittel gefunden
haben, auf weissem Grunde auf Kupfer zu zeichnen,
wie es der Herr Adam Elsheimer tat. Um das Kupfer
mit Scheidewasser zu ätzen, bedeckte er es gleichsam
mit einem weissen Teig, und dann gravierte er mit
der Nadel bis auf das Kupfer, und da dies ein wenig
rötlich von Natur ist, schien es, als zeichne er mit
Rothstein auf weisses Papier. Ich erinnere mich nicht
mehr der Ingredienzen dieses Teiges, obgleich er sie
mir in liebenswürdigster Weise nannte/ Die Antwort
des Peter van Veen ist nicht erhalten. Aber auch
ohne sie wissen wir genau, welche Mittel die alten
Radierer anwandten, um einen weissen Grund herzu-
stellen. Es sei zunächst erlaubt, folgende Reihe auf-
zustellen: Rubens hat den weissen Grund benutzt. Er
hat ihn von Elsheimer. Elsheimers Lehrer war Dürer,
der (nach Wessely: Anleitung zur Kenntnis und zum
Sammeln der Werke des Kupferdrucks, Weigel, Leipzig
1876) das Radieren von Daniel Hopfer in Augsburg,
dem Erfinder der Radierung als Druckplatte, Anno
1313 lernte. Wenn nicht von Hopfer, so mag die An-
wendung des weissen Grundes von Dürer stammen,
denn er wusste manches, „das andere nit können
machen". Zu vergleichen wären Dürers Briefe an
Rafael, durch welche die Radierkunst wohl an Mar-
canton und an Parmeggiano kam.
Dürer also war der Lehrer Elsheimers, Elsheimer
war nicht nur der Lehrer des Rubens und des Peter
van Veen, sondern auch des Pieter Lastmann. Last-
mann war der Lehrer Rembrandts. In dessen Jugend
gab es noch kein Buch über Radiertechnik, die
Künstler teilten sich untereinander, wohl besonders
Freunden und Schülern die Rezepte „in liebenswür-
digster Weise" mit. Es ist somit wohl anzunehmen,
dass auch Rembrandt auf weissem Grund radierte.
Verschiedene seiner Blätter, besonders solche, auf
denen mit grossen Lichtflächen gearbeitet ist, machen
durchaus den Eindruck, auf weisser Fläche radiert zu
sein, z. B. Christus unter den Schriftgelehrten, von
1663 (B. 63) oder: Nachdenkender Greis, um 1646
(B. 147) und viele andere. Nachweisen konnte ich
dies bisher nicht. Sehr wahrscheinlich ist, dass er
das erste Lehrbuch über Radierkunst überhaupt, wel-
ches bereits 1643 erschien, und welches den weissen
Grund lehrt, eifrig studierte und benutzte. Es ist
Abraham Bosses: Traitö des manieres de graver sur
1 airain etc. Paris 1643. Dies schon damals berühmte
Werk wurde „ins Teutsche befördert" durch G. A.
Böckler, Nürnberg 1632. Bosse kennt und nennt neben
dem schwarzen Grund, den er ungefähr so herstellt
wie wir den unsern, also durch Grundieren und
Schwärzen, auch den weissen Grund. Sein Cap. IV

lautet: „Wie man den harten und weichen Firnis auff
der Kupferplatte weiss machen solle." Sein Rezept
ist, kurz gesagt: Bleiweiss mit flandrischem Leim und
Ochsengalle, mit grossem Pinsel auf die (ungeschwärzte)
Grundierung aufgestrichen. Aber es heisst dann
weiter: „Wenn Du alsdann Deine Kupferplatte mit
Scheidwasser etzen woltest, so musst Du zuvor das
Weisse mit einem reinen und laulechten Wasser und
sauberen Schwamme widerumb abwäschen." Der Ver-
such rechtfertigt die Notwendigkeit dieses Abwaschens.
Als Benutzer des weissen Grundes nennt er Simon
Frisius (den Holländer), Mathäus Merian (den Schweizer)
und Jaques Callot (den Lothringer). Der weisse Grund
war damals also überall bekannt, durch diese Künstler
und ihr Wanderleben auch in Frankreich und Italien.
Es folgt der Zeit nach das: Reissbuch von G. H.,
Nürnberg, bei Buggel 1707. Das Reissbuch grundiert
ebenfalls zuerst mit Asphalt usw., und „wenn die
Blatten erkaltet ist, muss solche mit einem weissen
Grund, abgerieben von Bleyweiss und Wasser mit gar
wenig Gummi und 2 ä 3 Tropfen Ochsengallen . . .
ganz dünn und gleich mit einem Pinsel bestrichen
werden." Das Reissbuch nennt merkwürdigerweise
nur den weissen Grund und sieht vom Schwärzen der
Platte ab, der einzige Fall in der sehr umfangreichen
Literatur über Radiertechnik. Im Jahre 1763 kam
eine neue Uebersetzung des Bosseschen Werkes heraus
(die Kunst in Kupfer zu stechen nach Bosse aus dem
Französischen übersetzt, Verfasser ungenannt, Dresden
1763). Im gleichen Jahre kam der junge Goethe als
Student nach Leipzig. Er erzählt in „Wahrheit und
Dichtung", II. Teil, Band 8, von seinen Studien beim
Kupferstecher Stock: „Das Grundieren der Platte,
das Weissanstreichen derselben, das Radieren selbst,
zuletzt das Aetzen gab manichfache Beschäftigung."
Er leidet bei Stock unter den schädlichen Dämpfen
beim Aetzen. Es ist also wahrscheinlich, dass er mit
Salpetersäure ätzte. Vielleicht ist darauf auch seine
Brusterkrankung zurückzuführen, die ihn in Leipzig
befiel. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Stock und
Goethe die im gleichen Jahre 1765 in Dresden er-
schienene Uebersetzung des Bosseschen Werkes be-
nutzten, die sicher auf der Leipziger Messe zu kaufen
war, und ihren weissen Grund auf Bosses Art machten.
Vielleicht befindet sich ein Exemplar des Werkes
noch unter Goethes Büchern ? Der weisse Grund wird
ferner angeführt in dem Werke von Bartsch: Anleitung
zur Kupferstichkunde, Wien 1821: „. . . wenn . . . der
Firnis . . . erhärtet ist, wird er gefärbt, entweder
weiss oder schwarz." Bartschs Material ist Kremser-
weiss und Gummiwasser.
In dem Werk von Longhi: La Calcographia etc.,
Milano 1830, ist im Originaldruck nichts über den
weissen Grund gesagt. Der deutsche Uebersetzer je-
doch gibt in seinem ausgezeichneten Werk: Longhi,
die Kupferstecherei usw., übersetzt von C. Barth,
Kesselring, Hildburghausen und Meiningen 1837, im
II. Teil, Seite 73, lit. d eine genaue Beschreibung des
„weissen Ueberzuges der Grundierung statt dem
Schwarzräuchern". Rezept: Blei- oder Kremserweiss
mit Gummiwasser gebunden, dem etwa ^3 braune
Reglisse (Jungfernleder) beigemischt ist; nicht zuwenig,
nicht zu viel. Sehr zweckmässig findet er hierzu: „die
Farbe erst mit Eigelb abreiben, dann einen Tropfen
Ochsengalle, etwas Essig und Reglisse hinzumischen
und das ganze mit Regen- oder destilliertem Wasser
so verdünnen, dass sie, nachdem man einen ganz
niedrigen Wachsdamm rings um die Platte befestigt
hat, aufgegossen werden kann, worauf man sie ruhig
so lange stehen lassen kann, bis sie fest angetrocknet
ist/ Er fügt folgende sehr richtige Bemerkungen
hinzu: „Hat man das richtige Verhältnis sowohl des
Bindemittels zur Farbe als auch die Menge des zur
Verdünnung der Farbe nötigen Wassers einmal richtig
 
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