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Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr.
amorphen oder kolloiden hellroten Oxyd zu dem
kristallisierten fortgeschritten ist. Ebenso zeigt
Bleichromat alle Uebergänge von lebhaftem Schwe-
felgelb bis zum kräftigen Rot, welches letztere
ein sandiges Pulver von erheblicher Korngrösse
ist, das seinen roten Ton umsomehr verliert, um
durch Orange nach Dunkelgelb zurückzugehen,
je feiner man es reibt. Aber nicht nur der Farb-
ton wird durch die Korngrösse modifiziert, sondern
auch die Reinheit und demgemäss die Helligkeit.
Der gegenwärtig aus dem Gebrauch so gut wie
völlig verschwundne Farbstoff Smalte, ein mit
Kobalt dunkel gefärbtes Glas, gibt eine brauchbare
Farbe nur, wenn das Korn eine gewisse, ziemlich
erhebliche Grösse hat. Reibt man den Farbstoff
feiner, so verliert sich seine blaue Farbe bis fast
zum Verschwinden. Ebenso verliert das lebhaft
grüne Schweinfurter Grün, das als kristallinisches
Pulver benutzt wird, den besten Teil seines Glan-
zes und geht in ein mattes Weisslichgrün über,
wenn man es fein reibt. Andrerseits ist die echte
schwärzliche Umbra ein unscheinbarer graubrauner
Farbstoff, der erst durch sorgfältiges Feinreiben
einen immer wärmeren und „reicheren", d. h.
reineren Ton annimmt. Diese Beispiele, die sich
leicht vermehren lassen, zeigen den sehr starken
Einfluss der Korngrösse auf die Farbe im Gebiete
derjenigen Korngrössen, welche technisch in Frage
kommen. Die physikalischen Ursachen hierfür
sind zum grossen Teil bekannt und sollen später
im Zusammenhang angegeben werden. Messungen
fehlen allerdings auf diesem Gebiete noch voll-
ständig.
Was zweitens den Einfluss derKorngrösse
auf die Deckkraft anlangt, braucht nur auf den
Umstand hingewiesen zu werden, dass vollkommen
durchsichtige Kristalle und Gläser, beispielsweise
kristallisiertes Bleikarbonat oderCerussit, in diesem
Zustand überhaupt nicht decken, durch blosses
mechanisches Feinreiben aber Deckkraft gewinnen.
Hier liegt die Sache so, dass mit abnehmender
Korngrösse die Deckkraft zunimmt, ein Maximum
erreicht, um schliesslich, wenn die Korngrösse in
die Nähe der Dimensionen einer Lichtwellengrösse
gelangt, wiederum abzunehmen. Schliesslich ver-
schwindet die Lichtzerstreuung, welche die Deck-
kraft bestimmt, bei ultramikroskopischen Abmes-
sungen fast vollständig.
Ganz ähnlich ändert sich endlich drittens die
Ausgiebigkeit. Jedem Maler, der sein Material
kennt, ist es geläufig, dass die Farbstoffe mit zu-
nehmendem Feinreiben immer ausgiebiger werden.
Hierbei wird aber im allgemeinen entgegen dem
Verhalten der Deckkraft ein Maximum nicht er-
reicht, denn am ausgiebigsten pflegen die Farb-
stoffe zu werden, wenn es gelingt, sie in den Zu-
stand völliger Lösung, also in den molekularer
Verteilung zu bringen. Dies gilt wenigstens für
Pigmente mit starker Lichtabsorption. Ob sich
solche mit geringer Absorption, bei denen ein
Optimum der Korngrösse für die Farbe besteht,
ebenso verhalten, ist zweifelhaft und muss noch
untersucht werden.
Diese erste Uebersicht hat, wie man sieht,
viel mehr Probleme aufgestellt, als gelöst. Es ist
in der Tat ihr Zweck, wissenschaftliche Mitarbeit
auf diesem noch unerschlossenen Gebiete anzuregen.
Die Dreiiarben-Theorie und ihre
Anwendung.
Von E. B.
(i. Fortsetzung.)
Bei keinem Blatte konnte ich aufs bestimmteste
erkennen, dass es durch Uebereinanderdruck von nur
drei Einzelplatten hergestellt worden sein musste und
es stiegen allerlei Zweifel auf, weil keines der Blätter
noch den ursprünglichen Papierrand aufweist, an
dem man leicht die Merkmale des Uebereinander-
druckens hätte finden können. Die Zweifel wurden
jedoch beseitigt, durch Einsicht in die in der Kupfer-
stichsammlung Friedrich August II. zu Dresden, an der
BrühlschenTerrasse,behndlichenLeBlonschenTeildrucke
nach drei Platten für Van Dycks Selbstporträt in
Lebensgrösse. Es sind hier in der Tat drei Drucke
(Gelbplatte, Rotplatte und Schwarzplatte) vorhanden,
sowie ein Druck von der Gelbplatte mit der Schwarz-
platte vereinigt, ein Volldruck fehlt in der bezeich-
neten Sammlung. Der Arbeitsgang Le Blons kann
hier gut studiert werden und es war der folgende:
Die Einzelplatte für Gelb zeigt in Mezzotintkörnung
die Schatten des Gesichts, in Stichelmanier aber die
kräftigeren Dunkelheiten des Haares und die Goldkette.
Der Hintergrund, der in ganzer Ausdehnung einen gel-
ben Ton zeigt, hat gar keine Körnung; daraus
folgt, dass beim Auftamponieren der Gelbplatte
schon drei Töne entstehen, i. der auftamponierte
Hintergrundton, der auch über das ganze Gesicht ge-
zogen ist (jeder Kupferdrucker kann so einen beliebig
tiefen Ton auftragen!), 2. der Mezzotintton und 3. der
mit Stichel hergestellte und daher der satteste Ton.
Die Rotplatte zeigt sehr feine Mezzotint-Körnung in
kreuzweiser Lage und bedeckt wieder die Hintergrund-
fläche und die tieferen Schatten des Kopfes. Die
3. Platte ist dunkel grau angedruckt, das ganze Blatt
in Mezzotint-Manier hergestellt, also geschabt, das
Gewand, die Augensterne, einige Tiefen der Haare
sind mit dem Stichel gemacht. Rechnet man hin-
zu, dass bei jeder Teilplatte noch höchste Lichter
einfach ausgewischt werden können (was auch an den
Drucken deutlich zu bemerken ist), so folgt daraus,
dass Le Blon mit diesen drei Platten eigentlich 9 Töne
übereinander drucken konnte, also mit wenigem viel
erzielte.
Nach diesem Prinzip sind, nach meinem Dafür-
halten, die Le Blonschen Dreifarben-Drucke herge-
stellt, und man kann dies noch deutlicher an einigen
Blättern seiner oben bereits erwähnten „Anatomie"
Münchner kunsttechnische Blätter.
Nr.
amorphen oder kolloiden hellroten Oxyd zu dem
kristallisierten fortgeschritten ist. Ebenso zeigt
Bleichromat alle Uebergänge von lebhaftem Schwe-
felgelb bis zum kräftigen Rot, welches letztere
ein sandiges Pulver von erheblicher Korngrösse
ist, das seinen roten Ton umsomehr verliert, um
durch Orange nach Dunkelgelb zurückzugehen,
je feiner man es reibt. Aber nicht nur der Farb-
ton wird durch die Korngrösse modifiziert, sondern
auch die Reinheit und demgemäss die Helligkeit.
Der gegenwärtig aus dem Gebrauch so gut wie
völlig verschwundne Farbstoff Smalte, ein mit
Kobalt dunkel gefärbtes Glas, gibt eine brauchbare
Farbe nur, wenn das Korn eine gewisse, ziemlich
erhebliche Grösse hat. Reibt man den Farbstoff
feiner, so verliert sich seine blaue Farbe bis fast
zum Verschwinden. Ebenso verliert das lebhaft
grüne Schweinfurter Grün, das als kristallinisches
Pulver benutzt wird, den besten Teil seines Glan-
zes und geht in ein mattes Weisslichgrün über,
wenn man es fein reibt. Andrerseits ist die echte
schwärzliche Umbra ein unscheinbarer graubrauner
Farbstoff, der erst durch sorgfältiges Feinreiben
einen immer wärmeren und „reicheren", d. h.
reineren Ton annimmt. Diese Beispiele, die sich
leicht vermehren lassen, zeigen den sehr starken
Einfluss der Korngrösse auf die Farbe im Gebiete
derjenigen Korngrössen, welche technisch in Frage
kommen. Die physikalischen Ursachen hierfür
sind zum grossen Teil bekannt und sollen später
im Zusammenhang angegeben werden. Messungen
fehlen allerdings auf diesem Gebiete noch voll-
ständig.
Was zweitens den Einfluss derKorngrösse
auf die Deckkraft anlangt, braucht nur auf den
Umstand hingewiesen zu werden, dass vollkommen
durchsichtige Kristalle und Gläser, beispielsweise
kristallisiertes Bleikarbonat oderCerussit, in diesem
Zustand überhaupt nicht decken, durch blosses
mechanisches Feinreiben aber Deckkraft gewinnen.
Hier liegt die Sache so, dass mit abnehmender
Korngrösse die Deckkraft zunimmt, ein Maximum
erreicht, um schliesslich, wenn die Korngrösse in
die Nähe der Dimensionen einer Lichtwellengrösse
gelangt, wiederum abzunehmen. Schliesslich ver-
schwindet die Lichtzerstreuung, welche die Deck-
kraft bestimmt, bei ultramikroskopischen Abmes-
sungen fast vollständig.
Ganz ähnlich ändert sich endlich drittens die
Ausgiebigkeit. Jedem Maler, der sein Material
kennt, ist es geläufig, dass die Farbstoffe mit zu-
nehmendem Feinreiben immer ausgiebiger werden.
Hierbei wird aber im allgemeinen entgegen dem
Verhalten der Deckkraft ein Maximum nicht er-
reicht, denn am ausgiebigsten pflegen die Farb-
stoffe zu werden, wenn es gelingt, sie in den Zu-
stand völliger Lösung, also in den molekularer
Verteilung zu bringen. Dies gilt wenigstens für
Pigmente mit starker Lichtabsorption. Ob sich
solche mit geringer Absorption, bei denen ein
Optimum der Korngrösse für die Farbe besteht,
ebenso verhalten, ist zweifelhaft und muss noch
untersucht werden.
Diese erste Uebersicht hat, wie man sieht,
viel mehr Probleme aufgestellt, als gelöst. Es ist
in der Tat ihr Zweck, wissenschaftliche Mitarbeit
auf diesem noch unerschlossenen Gebiete anzuregen.
Die Dreiiarben-Theorie und ihre
Anwendung.
Von E. B.
(i. Fortsetzung.)
Bei keinem Blatte konnte ich aufs bestimmteste
erkennen, dass es durch Uebereinanderdruck von nur
drei Einzelplatten hergestellt worden sein musste und
es stiegen allerlei Zweifel auf, weil keines der Blätter
noch den ursprünglichen Papierrand aufweist, an
dem man leicht die Merkmale des Uebereinander-
druckens hätte finden können. Die Zweifel wurden
jedoch beseitigt, durch Einsicht in die in der Kupfer-
stichsammlung Friedrich August II. zu Dresden, an der
BrühlschenTerrasse,behndlichenLeBlonschenTeildrucke
nach drei Platten für Van Dycks Selbstporträt in
Lebensgrösse. Es sind hier in der Tat drei Drucke
(Gelbplatte, Rotplatte und Schwarzplatte) vorhanden,
sowie ein Druck von der Gelbplatte mit der Schwarz-
platte vereinigt, ein Volldruck fehlt in der bezeich-
neten Sammlung. Der Arbeitsgang Le Blons kann
hier gut studiert werden und es war der folgende:
Die Einzelplatte für Gelb zeigt in Mezzotintkörnung
die Schatten des Gesichts, in Stichelmanier aber die
kräftigeren Dunkelheiten des Haares und die Goldkette.
Der Hintergrund, der in ganzer Ausdehnung einen gel-
ben Ton zeigt, hat gar keine Körnung; daraus
folgt, dass beim Auftamponieren der Gelbplatte
schon drei Töne entstehen, i. der auftamponierte
Hintergrundton, der auch über das ganze Gesicht ge-
zogen ist (jeder Kupferdrucker kann so einen beliebig
tiefen Ton auftragen!), 2. der Mezzotintton und 3. der
mit Stichel hergestellte und daher der satteste Ton.
Die Rotplatte zeigt sehr feine Mezzotint-Körnung in
kreuzweiser Lage und bedeckt wieder die Hintergrund-
fläche und die tieferen Schatten des Kopfes. Die
3. Platte ist dunkel grau angedruckt, das ganze Blatt
in Mezzotint-Manier hergestellt, also geschabt, das
Gewand, die Augensterne, einige Tiefen der Haare
sind mit dem Stichel gemacht. Rechnet man hin-
zu, dass bei jeder Teilplatte noch höchste Lichter
einfach ausgewischt werden können (was auch an den
Drucken deutlich zu bemerken ist), so folgt daraus,
dass Le Blon mit diesen drei Platten eigentlich 9 Töne
übereinander drucken konnte, also mit wenigem viel
erzielte.
Nach diesem Prinzip sind, nach meinem Dafür-
halten, die Le Blonschen Dreifarben-Drucke herge-
stellt, und man kann dies noch deutlicher an einigen
Blättern seiner oben bereits erwähnten „Anatomie"