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licheren) zur gewinkelten (also starreren) Forni, von der unrnhi-
gen zur feierlich gestillten, vom Ottonischen zum Salischen“1'.
Hier setzt nun die neue Entwicklung ein.

Das geometrische Ornament.

Eine wichtige Rolle in der geometrischen Ornamentik spielen
die Grundformen, nach denen die Platten aufgeteift sind, und in
die dann erst wieder kleine Muster eingesetzt werden. Das Kom-
burger Antependium und der Heribertschrein entnehmen sie als
Kreis, Halbkreis, Quadrat und Raute der niederen Geometrie.
Eine aus gegeneinandergesteRten Halbkreisen gebildete Zwickel-
form steRt eine Ausnahme dar, die zufäRig mit den anderen Mo-
tiven aus der ottonischen Kunst tibernommen wurde. Sie spielt
dagegen am Klosterneuburger Altar gemeinsam mit einer Yier-
paßform eine große Rolle neben den iiblichen Kreis- und Quadrat-
formen. Darin kommt eine Bevorzugung reicher, geschwungener
Grundformen in der Kunst des Klosterneuburger Altars und des
Dreikönigenschreins zum Ausdruck, der auch die verschiedenarti-
gen Zusammenstellungen der Kreis- und Quadratmotive entspre-
chen, die weit tiber die Möglichkeiten des Heribertschreins hinaus-
gehen.

Als die entwicklungsfähigste dieser Formen erweist sich der
Halbkreis. Zuerst finden sich normale, iiber dem Durchmesser er-
richtete Halbkreise, die dann, wie auf den oberen Arkadenbögen
des Dreikönigenschreins, steiler werden, gestelzt und iiberhöht
wirken. Schließlich schieben sich gleichsam tiber die Halbkreise
hinaus' die vollen Kreisformen empor, sodaß in der leichten Ein-
wärtsbewegung der Enden die Rundung der unteren Hälfte an-
gedeutet wird. Diese Bewegung beginnt am Karlschrein und Drei-
königenschrein, bis schließlich in den späten Formen des Albinus-
schreins nur noch ein kleiner unterer Rand des Kreises unter den
Plattenrahmen versinkt. Der Überhöhung der Formen, die darin
zum Ausdruck kommt, entspricht die Entwicklung der Raute von
fast quadratischen zu immer langgezogeneren Mustern. Zugleich
zeigt sich aber auch in ihr die Neigung zu gescliwungenen und
beweglichen Umrissen, die auch in der Anwendung des Yierpaß-
motives zum Ausdruck konimt.

Als ein entscheidender Augenblick in cler Gesdiichte cles geo-
metrischen Ornaments in cler zweiten Hälfte cles 12. Jahrhunderts
ergab sich die Wancllung zwischen Heribertschrein uncl Kloster-
neuburger Altar, die in der Anwendung neuer Fiillmotive aus klei-
nen Rosetten gegeniiber einfachen Kreuzen sichtbar wircl. Das
bedeutet eine AVencIung von einfachen, eckigen Motiven zu run-

x) W. Pinder, Die Kunst der deutschen Kaiserzeit, a. a. O., S. 224.

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