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Murr, Christoph Gottlieb von [Bearb.]; Leitzelt, Balthasar Friedrich [Bearb.]; Kilian, Georg Christoph [Bearb.]; Probst, Johann Balthasar [Bearb.]
Abbildungen der Gemälde und Alterthümer, welche seit 1738 sowohl in der verschütteten Stadt Herkulanum als auch in den umliegenden Gegenden an das Licht gebracht worden: nebst ihrer Erklärung (Des 8. Bandes 1. Theil): 50 Kupfertafeln: nach den Original-Kupferstichen in Contorni — Augsburg: Christoph Friedrich Bürglen, 1799

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https://doi.org/10.11588/diglit.73551#0034
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lab. XXVII.

Hier stehen drey Lampen von gekochter Erve nebeneinander. Die erste (-) von
§ehnLichtern, und mit der Aufschrift: O IV. ?irr. (2) ist sehr klein, (z) Die zwore
von einem einzigen Lichte stellet einen Vogel vor : die Arbeit ist ganz un-
geschlachtet : (4) Milten durch den Rucken des Vogels gehet eine Oeffnung,
das Oel einzugieffen , und aus der Seite, wo die Flügel Hangen, LydAcher angebracht,
mn die Tochte Hinein zu stecken. Die dritte endlich von vier LiMe^M reigt am Spitze
der Handhebe einen gesichelten Mond: übrigens ist die VerziertMgM^ einfach, und von
gar keiner Erheblichkeit. - rin ^^
Diese Lampe von dreyen Lichtern ist von Erz, und ruhet auf ihren eigenen Fußge-
stelle. (l) Auf einem sehr breiten Deckel, der über die Oeffnung, wo das Oel cinge-
goffen wird, hergehet, stehet eine Figur mit einer phrygischen Haube, (2) und stellet sich
an zu tanzen, oder vielmehr auf einem Fuße sich zu befestigen, und das gleichgewicht zu
erhalten. (3) Sie ist mit einem Schamtuche bedeckt, (4) und hält in der rechten
Hande mittels einer Kette ein zugespitztes Eisen , an welchem gegen die Mitte ein gleich-
falls zugespitzter Hacken befestiget ist. (z) Der Deckel ruhet ganz frey, und ist von
keiner Seite an die. Lampe angemacht, so tvie auch der Tänzer nur mittels eines kleinen
Nagels an den Deckel fest gemacht hält: wenn man diesen herausziehet, kann der Tän-
zer, und sohin der Decket nach Belieben abgenommen werden. (6)
lab. XXIX.
(1) Ward zu Plerculrmum den fünften April 1748' attsgegraben.
(2) Diese Aufschrift läßt sich zwar eigentlich nicht bestimmen ; doch kann man muthmaßlich an.
nehmen / daß es Lajos 1'uIUus Primus heissen soll; denn die Werkstätte des Pr.mus war eine
der berühmtesten/ wo sehr artige Lampen von gekochter Erde verfertiget wurden. 8ms2ius
(rmtih. MoriwZ. x^. 166.)
(?) Aus diesem Gründe kann man abnehmen, daß gegenwärtige Lampe unter die Zahl derjeni-
gen gehöre, die zum Zeitvertreibe der Kinder gewidmet waren.
(4) Ward zu Pompeji vorgefunden den drey und zwanzigsten des Jänermonates 1761.
(5) Die Entdeckung geschah zu tterculanum den vier und zwanzigsten August 174^."
(1) Man findet gar keine Spur , wann, und wo die Lampe vorgefunden worben.
(2) Die Hauben, oder phrygische Kopfzierden waren den alten Gottheiten sehr gemein. Man
sieht den Laüor, den Pollux, den Oau^mckles u. s. w. damit prangen. Auch die Schauspie-
ler, und Tänzer pflogen sich damit zu bedecken. (Nus. Lorton. 'Pad. I.X.)>
(z) Es ist Hart zu bestimmen, unter was für eine Gattung der Tänzer diese Figur solle gezählet
werden; wahrscheinlich stellet sie einen Seiltänzer vor. Man kann aber auch eben so gut be-
haupten/ daß der Künstler hier lediglich die Fertigkeit, das Gleichgewicht in jeder Stellung
beyzubehallen habe ausdrucken wollen.
(4) Dieses Schamtuch, oder Galtung unförmiger Beinkleider (die Lateiner nannten es /^Z/Z^,
oder /'nö^Zscr^'n) war die eigentliche Kleidung derjenigen, die sich des Bades gebrauchen
wollten, und der Gauckler, Daher sagt Licero (de 0ts, Pib. I. L. ZZ,)
8cenicorum huiclem mos tantam badet veteri ciisci^liua verccuucliam, ut in scenam
sine /^A^ASE/o procleat nemo. Verentur enim, ne, si guo caku evenerit, ut
corporis partes yuXclam aperiantur, aülpiciantür Non clscore.
And Nartialis (Lid. III. LpiZr. 87- Z») singt spottweis von der Lkion, einem ausgeschäm-
ten Weibsstücke, das doch zu Zeiten für ehrbar gehalten werden wollte, auf folgende Weise:
IcKa tarnen non bae, gua ciebes, Parte lavaris :
81 puäor eli , transser /NAZZAS-* in saciem.
Woraus man ersieht, daß diese Kleidungsstücke bey Männern, und Weibern gleich gewöhnlich waren.
(5) Dieses zugespitzte Eisen durfte wohl nichts anders, als eine Gattung rpher Putzscheeren be-
deuten. Es konnte den Tocht herauszuziehen, die Flamme zuzuspitzen, zu reinigen, u. s. w.
gebraucht werden.
(H) Aus dem Grunde, weil der Deckel sowohl, als die Figur mit leichter Mühe abgenommen
werden konnten, scheinet es ganz gewiß zu seyn, daß gegenwärtiges Stück eben so gut für
eine Stellrals Handlampe gebraucht wurde, die man nach Belieben als einen Leuchter fest
stellen, oder Herun^agen konnte.
 
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