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Deutscher Museumsbund [Contr.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 3.1907

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Richter, Oswald: Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70258#0023

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Richter, Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen 15

aufgaben bezeichneten Aufgaben ethnographischer Museen die national-koloniale
und kommerzielle zu selbständigen geworden. Damit verbindet sich der speziellere
Gedanke des Handelsmuseums: eine instruktive Sammlung von Rohstoffen und
Importartikeln und ein wissenschaftlich geordnetes Exportmusterlager.
Die größere Bedeutsamkeit des ersten, des ethnographischen Faktors in
einem Handelsmuseum, ist mit Recht von K. Hassert (in: Zu Fr. Ratzels Ge-
dächtnis, 1904, S. 164) betont worden. »Die Handelsmuseen«, sagt er, »gehören
zu den vorzüglichsten Förderungsmitteln kaufmännischer Bildung, Was man heute
unter ihnen versteht, ist meist nichts anderes als ein Ausfuhrmusterlager. Zwischen
beiden besteht aber ein tiefgreifender Unterschied, indem das Exportmusterlager
dem Verkauf dient und sein Aussehen mit dem Stande der Industrieerzeugnisse
bzw. der Mode ändert, während ersteres als etwas Bleibendes vorzugsweise die
Völker bei der Arbeit der ihnen eigentümlichen Erzeugnisse vorführen will, etwa
so, wie es das Museum für Völkerkunde in Bremen tut«. Einen ethnographischen
Anstrich wird das Exportmusterlager da haben, wo es sich um eine Sammlung
für den Export nachgeahmter ethnographischer Originale handelt (s. dazu § U9e).
Mit einem solchen Musterlager kann eine Sammlung von Originalvorlagen für
Nachahmung zu Exportzwecken verbunden werden (vom ethnographischen Stand-
punkte aus allerdings nicht wünschenswert). Auch läßt sich mit dem Export-
musterlager eine Zusammenstellung von allen etwa im Handel verwertbaren künst-
lerischen Elementen (einheimischen Ornamenten usw.) verknüpfen.
DIE VERSELBSTÄNDIGUNG DER NEBENWIRKUNGEN
19. Ein Versuch, auf jene Werte ethnographischer Gegenstände, die im Rahmen
der Sammlungen für Völkerkunde nur als Nebenwirkungen zur Geltung kommen,
das Hauptgewicht zu legen und ein Museum ethnographischer Gegenstände unter
der Ägide der Kunst oder der schöpferischen Anregung zu errichten, ist bisher
noch nicht gemacht worden, obwohl es gar kein Zweifel sein kann, daß sich be-
sonders der ästhetische Genuß, den ein großer Teil der ethnographischen Objekte
bietet, dazu eignet, einem Museum zum Selbstzweck zu werden.
20. Das Museum ethnographischer Kunstwerke. Daß in Zukunft von
den ethnographischen Museen mehr als bisher auch auf die ästhetische Qualität
der Gegenstände Rücksicht genommen werde, ist oben (§ 14) gefordert worden
(vgl. des Näheren § 58); daß sie auch die Pflicht haben, für eine ästhetisch billigens-
werte Unterbringung des Sammlungsbestandes zu sorgen, darüber werden später
noch einige Worte zu sagen sein (§ goff.): Hier handelt es sich um den Gedanken
eines Museums aus nur künstlerisch wertvollen, ethnographischen Gegenständen
und ihrer Aufstellung in einer stimmungsvollen, die Ruhe und Zeit zu edlem
Nr. 30, Bijblad 1 (9. Okt. 1902) sollte auch in Paris ein Kolonial-Museum nach dem Vorbilde des Haarlemer
Kolonial- und des Brüsseler Handelsmuseums errichtet werden.
 
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