Richter; Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen
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wird, dieser Gedanke läßt sich heute nicht mit solcher Aussicht auf seine Ver-
wirklichung diskutieren wie der Gedanke einer Erhebung, des künstlerischen
Genusses zum Hauptzweck. Gegenwärtig ist die Pflege jener Seite des ethno-
graphischen Materials in der Richtung einer Befruchtung unserer Kunst und vor-
nehmlich unseres Kunsthandwerks mit Ideen den Kupferstichkabinetten und Kunst-
gewerbemuseen überlassen. Würde also die schöpferische Anregung, welche
ethnographische Gegenstände zu geben vermögen, einem Museum zum Selbst-
zweck werden, so würden vermutlich jene Sammlungen den Ausgangspunkt der
Entwicklung bilden.
•
DIE BESCHRÄNKUNG DER ALLGEMEINEN AUFGABE
DURCH VERZICHT AUF BESTIMMTE GEGENSTANDSGRUPPEN
22. Die Sonderziele, die sich Sammlungen ethnographischen Materials als Haupt-
zweck setzen können, knüpfen nun nicht allein an die Nebenaufgaben und Neben-
wirkungen der ethnographischen Museen an, sondern deren allgemeine und
Hauptaufgabe selbst ist einer Zersplitterung in eine große Reihe von
selbständig als Zweck gesetzten Sonderaufgaben fähig; fast möchte man
sagen, daß gegenwärtig sogar eine Neigung zur Betonung irgend einer Seite
dieser Hauptaufgabe besteht. Dabei kann die Sammeltätigkeit von der Bevor-
zugung einer der allgemeinen Formen, in denen sich die Kultur ausgestaltet hat;
wie z. B. der Kleidung, Wohnung, Kunst, Musik, Religion, oder durch die Vor-
liebe für eine besondere Gattung von Objekten, wie z. B. die Seefahrzeuge, Gefäße,
Geld, Waffen, Gewebe, oder von dem Gesichtspunkt des Materials oder dem der
Kulturperiode bestimmt sein.
23. Diese Bewegung einer Ausbildung bestimmter Seiten der allgemeinen Auf-
gabe, die ethnographischen Museen gestellt ist, hat sich bisher zunächst innerhalb
des Kreises der Privatsammlungen abgespielt und trägt hier den Charakter des
Sammelns von Raritäten und Kuriositäten. Was aber diese Sammlungen über
die Raritätenkammern früherer Jahrhunderte hinaushebt, das ist, daß sie nicht
mehr aus einem wilden, bunten Mengsel von Gegenständen aller nur möglichen
Art bestehen, sondern sich planvoll, von einer Idee getragen, ausschließlich auf
eine besondere Gruppe von Gegenständen gleicher Art beschränken, diese Gruppe
aber in möglichst ausgedehnter geographischer Breite und womöglich auch in
chronologischer Richtung ausbauen: auf solche Weise werden zwar nicht unbedingt,
können aber doch Unterlagen für ein Studium des Zusammenhangs der ver-
schiedenen Formen und schließlich das Bild ihrer Geschichte gewonnen werden.
Tatsache sind z. B. eine Bogensammlung, eine Tabakpfeifensammlung, eine Löffel-
sammlung, eine Schuhsammlung, eine Muschelgeldsammlung, Sammlungen von
Porzellanen, von Nephritgegenständen, von Steingerät; in Aussicht genommen ist
eine Strohhutsammlung. Die großartigste und an Bedeutung bei weitem alle andern
Museumskunde. III, 1. 3
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wird, dieser Gedanke läßt sich heute nicht mit solcher Aussicht auf seine Ver-
wirklichung diskutieren wie der Gedanke einer Erhebung, des künstlerischen
Genusses zum Hauptzweck. Gegenwärtig ist die Pflege jener Seite des ethno-
graphischen Materials in der Richtung einer Befruchtung unserer Kunst und vor-
nehmlich unseres Kunsthandwerks mit Ideen den Kupferstichkabinetten und Kunst-
gewerbemuseen überlassen. Würde also die schöpferische Anregung, welche
ethnographische Gegenstände zu geben vermögen, einem Museum zum Selbst-
zweck werden, so würden vermutlich jene Sammlungen den Ausgangspunkt der
Entwicklung bilden.
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DIE BESCHRÄNKUNG DER ALLGEMEINEN AUFGABE
DURCH VERZICHT AUF BESTIMMTE GEGENSTANDSGRUPPEN
22. Die Sonderziele, die sich Sammlungen ethnographischen Materials als Haupt-
zweck setzen können, knüpfen nun nicht allein an die Nebenaufgaben und Neben-
wirkungen der ethnographischen Museen an, sondern deren allgemeine und
Hauptaufgabe selbst ist einer Zersplitterung in eine große Reihe von
selbständig als Zweck gesetzten Sonderaufgaben fähig; fast möchte man
sagen, daß gegenwärtig sogar eine Neigung zur Betonung irgend einer Seite
dieser Hauptaufgabe besteht. Dabei kann die Sammeltätigkeit von der Bevor-
zugung einer der allgemeinen Formen, in denen sich die Kultur ausgestaltet hat;
wie z. B. der Kleidung, Wohnung, Kunst, Musik, Religion, oder durch die Vor-
liebe für eine besondere Gattung von Objekten, wie z. B. die Seefahrzeuge, Gefäße,
Geld, Waffen, Gewebe, oder von dem Gesichtspunkt des Materials oder dem der
Kulturperiode bestimmt sein.
23. Diese Bewegung einer Ausbildung bestimmter Seiten der allgemeinen Auf-
gabe, die ethnographischen Museen gestellt ist, hat sich bisher zunächst innerhalb
des Kreises der Privatsammlungen abgespielt und trägt hier den Charakter des
Sammelns von Raritäten und Kuriositäten. Was aber diese Sammlungen über
die Raritätenkammern früherer Jahrhunderte hinaushebt, das ist, daß sie nicht
mehr aus einem wilden, bunten Mengsel von Gegenständen aller nur möglichen
Art bestehen, sondern sich planvoll, von einer Idee getragen, ausschließlich auf
eine besondere Gruppe von Gegenständen gleicher Art beschränken, diese Gruppe
aber in möglichst ausgedehnter geographischer Breite und womöglich auch in
chronologischer Richtung ausbauen: auf solche Weise werden zwar nicht unbedingt,
können aber doch Unterlagen für ein Studium des Zusammenhangs der ver-
schiedenen Formen und schließlich das Bild ihrer Geschichte gewonnen werden.
Tatsache sind z. B. eine Bogensammlung, eine Tabakpfeifensammlung, eine Löffel-
sammlung, eine Schuhsammlung, eine Muschelgeldsammlung, Sammlungen von
Porzellanen, von Nephritgegenständen, von Steingerät; in Aussicht genommen ist
eine Strohhutsammlung. Die großartigste und an Bedeutung bei weitem alle andern
Museumskunde. III, 1. 3