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Deutscher Museumsbund [Contr.]
Museumskunde: Fachzeitschrift für die Museumswelt — 3.1907

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Oswald, Richter: Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.70258#0127

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Richter, Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen iip

noch nicht nachweislich vermittelt nebeneinander stehen, erweisliche Verbindungen
sehen werden, und daß uns die neue Welt, die West-Welt, nicht nur insoweit,
als ihre Naturvölker, zunächst die des Nordwestens, in Betracht kommen, sondern
auch in den alten Kulturvölkern, zunächst denjenigen Mittel-Amerikas, als der
äußerste Osten erscheinen wird: auf jeden Fall hat der alte Meister recht, wenn
er sagt:
»— - Wer sich selbst und Andre kennt,
Wird auch hier erkennen,
Orient und Occident
Sind nicht mehr zu trennen.«
RÜCKBLICK UND AUSBLICK
48. Blicken wir zum Schlüsse noch einmal auf unsere Auseinandersetzungen
zurück, so sehen wir von allen Seiten her die allgemeine ideale Auf-
gabe der ethnographischen Museen, so wie sie bisher gefaßt werden
mußte, einer Beschränkung unterzogen, und zwar einer doppelten Beschrän-
kung, einer unfreiwilligen und einer freiwilligen.
Eine unfreiwillige Einengung erleidet sie, indem den ethnographischen
Museen von außen her Material, auf das sie den nächsten Anspruch zu haben
glauben, entzogen wird. Waren in älterer Zeit und sind zum größeren Teil gegen-
wärtig noch, um der vielseitigen Anknüpfbarkeit des ethnographischen Materials
willen, die ethnographischen Museen appendixartig mit anderen Museen unter
einer Leitung verbunden (s. oben II, 190 Anm. 2), so werden, wie es scheint, in
Zukunft immer mehr die andern »Kulturalien «-Sammlungen den ethnographischen
Museen zu einer fatalen Konkurrenz, indem sie Objekte bestimmter, je in ihre
besonderen Zwecke einschlagender Art zu sich ablenken. So wetteifern, den
ethnographischen Museen zum Schaden, miteinander die Kunstsammlungen,
die z. T. alles sammeln, was es auch sei, wenn es nur vom Hauche
des Schönen berührt ist, die Sammlungen für Volkskunde, die prähistorischen
Sammlungen, die archäologischen Museen, die Waffensammlungen, die Flotten-
museen, die Bibliotheken, die das handschriftliche Material an sich ziehen, usf.
Das ethnographische Material neigt also gegenwärtig dazu, disloziert,
nicht konzentriert zu werden.
Eine freiwillige Beschränkung ist die Spezialisierung auf einem bestimmten
Gebiet. Freilich gibt es, wenn wir vom Musee Guimet absehen, das von einer
Privatsammlung ausgegangen ist, und von dem Kongo-Museum in Terveuren bei
Brüssel, das dem Kongostaate gehört und sozusagen vaterländische Ziele verfolgt,
sowie von den Kolonialmuseen, die diesen Zielen verwandten Zwecken dienen und
daher von uns anders klassifiziert worden sind, gegenwärtig in Europa wohl kein
öffentliches Museum, das sich von vornherein mit bewußtem Plane ausschließlich
in den Dienst einer der aus der allgemeinen Aufgabe abgeleiteten Sonderaufgaben,
 
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