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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 43.1914/​1915(1915)

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Seibert, Friedrich: Karl Seebold: Die Geschichte eines Giessener "Schwarzen" aus Nassau (Kirberg)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55189#0214
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F. Seibert

freien Schweiz gemacht hatte, die immer fester werdende Überzeugung, dass
es mit der Dozentenkarriere aus sei, dass, um im Schullehrer-Amt weiter zu
kommen, die Erwerbung der philologischen Fakultas für ihn unerlässlich sei, ins
Ausland. In England lebte und wirkte zu der Zeit auch L. Snell, der politisch
verdächtigte und ohne weiteres entlassene Direktor des Gymnasiums zu Wetzlar!
Die einzige „Information“, welche mir der heutige Direktor der berühmten School
in Rugby geben konnte, war: Seebold, 1831—37 Lehrer der modernen Sprachen
in Rugby School, berufen von Direktor Dr. Arnold, abgegangen 1837. Aber
der Aufenthalt brachte ihm Bildung, Erfahrung, Erweiterung des Gesichtskreises,
die er aus dem Vergleich englischen Lebens und Schullebens mit deutschem
schöpfte. Davon zeugt sein Vortrag über „den Zustand der englischen Schulen“,
welchen er 1839 in Mannheim gehalten hat, vollständig abgedruckt in den Ver-
handlungen der zweiten Versammlung Deutscher Philologen und Schulmänner
in Mannheim 1839. Ich komme darauf zurück.
V. Mannheim 1840—58.
1840 trat in Mannheim eine neue höhere Bürgerschule ins Leben, das heutige
Realgymnasium. Man suchte einen Elite-Lehrkörper: Von den vier Lehrern
waren drei Akademiker, Nicht-Badenser, unter ihnen Seebold. Mit seinem Vortrag
1839 hatte er nicht blos in Mannheim grossen Beifall gefunden; möglich, dass
damals schon Verhandlungen zur Berufung im Gange waren, wahrscheinlicher,
dass der Vortrag die Veranlassung war. Daneben lagen erstklassige Empfehlungs-
schreiben vor: von Professor Schröder, dem aus Solothurn berufenen Direktor
der neuen Anstalt, mit ihm zugleich von dem berühmten (Ozon-, Collodium-
und Schiessbaumwoll-) Schönbein und von de Wette-Basel, das ausführlichste
und glänzendste von dem ebengenannten Professor Fritz-Freiburg, der „ihm als
früheres gleichzeitiges Mitglied des Kreises der Schwarzen in Giessen freund-
schaftlich nahe stand“ (H a u p t). Er hatte ihn zwar seit vierzehn Jahren nicht mehr
gesehen, aber doch nicht aus den Augen verloren. Seebold wurde als dritter Haupt-
lehrer mit dem Professortitel und einer Besoldung von 1000 fl. angestellt, der Ge-
meinderat gewährte ihm zu seinem Normalgehalt eine jährliche Zulage von 200 fl.
1846 wurde seine Staatsanstellung für unwiderruflich erklärt. In Anerkennung
seiner erfolgreichen zehnjährigen Wirksamkeit wurde er 1851 mit einem Gehalt
von 1200 fl. und einer jährlichen Gratifikation von 100 fl. auf die zweite Lehrerstelle
befördert (Städtisches Archiv Mannheim). Er unterrichtete in englischer Sprache
und Literatur, Geographie und Geschichte, in wöchentlich 23 Stunden, auch
Deutsch-Unterricht hatte man ihm übertragen, „weil“, wie er selbst sagt, „niemand
geneigt war, diese Fächer zu übernehmen“; aus dringendem Wunsch bekam
er 1846 sechs Stunden seines Hauptfaches Mathematik. Die Reden bei den
feierlichen Schulschlussakten zu halten, war das Vorrecht des Direktors. Seebold
ist der erste von den Hauptlehrern, der es 1845 durchbrechen darf mit seiner
Rede: „Es soll nicht für die Schule, sondern für das Leben gelernt werden.*’
— Aber nun trat bei dem Manne, dessen Geistes-Stärke und -Kräfte und -Frische,
dessen pädagogischen Eifer und Energie man nicht hoch genug zu rühmen ge-
 
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