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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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III. Der Pfarrbezirk Geisenheim
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1. Geisenheim
DOI Kapitel:
2. Marienthal
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0238

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218 III. Der Pfarrbezirk Geisenheim
die ihnen hinsichtlich des Rheingaus übertragene hohe Gerichtsbarkeit inne-
hatten, ein besonderes Geleitrecht erwähnt. Das rheingräfliche Lehenverzeichnis
(Fabricius S. 6) sagt darüber: Ab imperio habet (sc. Rheingraf Wolfram)
in beneficio bannum in Rinchove super comeciam. Item in eadem comecia habet
[in] Gysenheim68) libram piperis de qualibet navi ascendendo et descendendo.
Ein besonderes Geleitrecht des Rheingrafen erwähnen nur die oben (S. 214 u.
98) bereits als Fälschungen nachgewiesenen Schott’schen Urkunden von 1211
(Sr 325) und 1223 (Sr393). Bodmann (S. 586 ff.) ergeht sich unter Berufung
auf diese beiden Urkunden und eigene unkontrollierbare Nachrichten des Langen
und Breiten über dies Geleitrecht. Nach ihm soll in älteren Zeiten jedes Schiff
oder Floss einen Goldgulden dafür haben zahlen müssen, dass ein erfahrener
rheingräflicher Lotse es durch das beim Binger Loch gefährliche Fahrwasser
steuerte. Eine solche Einnahmequelle würde, wrenn sie tatsächlich bestanden
hätte, nicht in dem rheingräflichen Lehensverzeichnis mit Stillschweigen haben
übergangen werden können. Wenn Bodmann (S. 588) ausführt, dass das Binger
Loch im Bann gelegen habe, d. h., dass es verboten gewesen sei, die Stelle ohne
Geleit des Königs zu befahren, und es also eine uralte königliche, zur Sicherung
des Rheinhandels und der Schiffahrt getroffene Massregel gewesen sei, deren
Besorgung und Nutzbarkeit der König hernach den Grafen des Rheingaus als
Reichslehen übertragen habe, so ist dies nichts als blosse Vermutung. In jenen
Zeiten hat sich, was die Gefährlichkeit des Binger Loches für die Rheinschiff-
fahrt betrifft, sicherlich keine Änderung vollzogen. Somit wäre gar nicht ein-
zusehen, weshalb diese Vorsichtsmassregel, als die jenes Geleit in älteren Zeiten
eingerichtet gewesen sein soll, im späteren Mittelalter wieder aufgegeben wäre.
Dass im Lehensverzeichnis die Worte ab imperio habet bannum in Rinchove^ einzig
und allein vom Blutbann, von der Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, zu
verstehen sind, wusste Bodmann an sich ebenso gut wie wir. Die von Roth
(I, 343) aus Bodmanns handschriftlichem Nachlass aufgeführte Urkunde von
1493, in der Wildgraf Johann den Pfefferzoll zu Geisenheim mit dem Geleite,
wie er ihn vom Reiche zu Lehen habe, auf acht Jahie an einen Bürger aus
Eltville verleiht, muss unecht sein, da es ein Geisenheimer Geleitslehen in Wirk-
lichkeit nie gegeben hat. Richter steht, wenn er (S. 18) in dem Geisenheimer
Pfefferzoll eine ursprüngliche Gegenleistung für das den Schiffern durch den
Rheingrafen zu gewährende Geleit sieht, offenbar unter dem Einfluss der Fäl-
schungen Schotts und Bodmanns.
2. Marienthal.
In der Geisenheimer Gemarkung liegt Marienthal, vornehmlich bekannt als
Sitz der Kugelherrn, die hier im 15. Jahrhundert die erste Klosterdruckerei
eingerichtet und betrieben haben. Nach ihnen haben im 16. Jahrhundert
68) Fabricius gibt hier ebenso wie Kremer den Text der Handschrift wieder ohne
irgend eine Erklärung. Wie der Text dasteht, müsste Gysenheim Subjekt sein, während natür-
lich Ringravius Wolframus als Subjekt gedacht ist. Es muss vor Gyseriheim, das als Loka-
tiv aufzufassen ungewöhnlich wäre, in ergänzt werden.
 
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