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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 45.1918-1921(1921)

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Zedler, Gottfried: Kritische Untersuchungen zur Geschichte des Rheingaues
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VII. Der Rheingau als Ganzes
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3. Der Franz- und Hunzwein
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4. Das Rheingauer Recht
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https://doi.org/10.11588/diglit.60615#0329

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Das Rheingauer Recht - 309
dahingestellt bleiben. Da jenes Lagerbuch heute nicht mehr vorhanden ist,
sind jedenfalls die Bodmann’schen Zitate daraus für uns wertlos. Denn ihnen
gegenüber muss die alte Weisheit: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht,
und wenn er auch die Wahrheit spricht“ in Geltung bleiben.
4. Das Rheingauer Recht.
A. Das Weistum des Rheingaus.
. Nirgendwo nehmen die Fälschungen Bodmanns einen grösseren Umfang
an, als auf dem Gebiet des Rheingauer Rechts. Was er als solches vorfand,
beschränkte sich im wesentlichen auf das Weistum des Rheingaus aus dem
14. Jahrhundert91) und den Rheingauer Landbrauch von 1643. Das erstere, das
nur politische Rechte behandelt, hat Bodmann nur bruchstückweise, an ver-
schiedenen Stellen zerstreut, veröffentlicht. Er setzt es in das Jahr 1324,
Bodmann (S. 277, 284, 454, 509, 511 und 805) hat die Abfassungszeit, wie
Sauer (Nass. Annalen 19, 35) gezeigt hat, einem freilich nicht von ihm erwähnten
Aufsatze des Amtskellners Bender an die kurfürstliche Regierung in Mainz über
die Gerichtsverhältnisse des Amtes Eltville aus dem Jahre 1785 entnommen
und damit bei den rheingauischen Geschichtsschreibern sowie den Rechts-
historikern ohne weiteres Glauben gefunden. Obwohl Sauer schon geltend
gemacht hat, dass bei keiner der erhaltenen Abschriften ein Anhaltspunkt dafür
vorliege, dass der Text des Weistums im Jahre 1324 entstanden sei, so hat
sich doch auch Richter (S. 83) wieder’ der bisherigen Annahme angeschlossen.
Dabei beweist aber der Inhalt des Weistums klar und deutlich, dass die uns
vorliegende Aufzeichnung aus späterer Zeit stammen muss. Denn wenn es in
Abschnitt III — ich zitiere nach Sauer (a. a. 0., S. 38) — heisst: „yglich stad
und dorff yr abegescheyden marg hat", so gab es 1324 noch gar keine Stadt
im Rheingau. Erst 1332, August 23 erteilte Kaiser Ludwig Eltville Stadtrechte
(Sr 1978). Die Aufzeichnung kann also erst nach diesem Jahre vorgenommen
sein. Wenn man nun bedenkt, dass im Jahre 1365 ein Brand im Schlosse zu
Eltville wichtige Mainzer Urkunden vernichtete, und Kaiser Karl IV. am Ende
dieses Jahres (Würdtwein N. S. VII, 348 ff.) dem Erzbischof Gerlach von Mainz
die dem Erzstifte von Kaisern und Königen erteilten Privilegien bestätigte,
,die in der Veste zu Eltville verbrannt sind4, und darunter besonders das über
das Geleit und den Leinpfad votn Niedertal bis zur steinernen Brücke gegenüber
Weisenau, das des Stifts Mannen, Dienstmannen, Burgmannen und Hofmannen
auf dem obersten Gericht zur Lutzelau dem Erzbischof zugeteilt haben, so
ergibt sich doch mit zwingender Notwendigkeit, dass die Aufzeichnung des
Weistums in eben diesem Jahre 1365 erfolgt ist. Der Abschnitt II des
Weistums behandelt ja gerade das erzbischöfliche Geleitrecht, und zwar mit
beinahe den gleichen Worten, wie es die dies Privileg bestätigende Kaiser-
urkunde tut.
91) Grimm, Weistiimer I, 534—536 und ein genauerer Abdruck von Sauer, Nass.
Ann. 19, 33 ff.
 
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