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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 62.1951

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Gensicke, Hellmuth: Beziehungen Bischof Rudolfs von Würzburg (892-908) zu seiner Heimat an der Lahn
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https://doi.org/10.11588/diglit.62671#0048
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Hellmuth Gensicke

die Herren von Runkel beide Kirchsätze zu Lahr und Battenfeld 144423), 1462
und 1491, vom Stift Gemünden zu Lehen trugen und ein solches Lehensband
für die beiden an Westerburg gefallenen Kirchsätze, für Seck sicher und für
Biskirchen mit hoher Wahrscheinlichkeit, ursprünglich auch bestand25), haben
wir in diesen vier Kirchen sicher alten grundherrlichen Besitz des Stifts Gemün-
den vor uns, den die Herren von Runkel und Westerburg diesem als Vögte
entfremdet haben. Für diese Annahme spricht, nicht zuletzt, die Tatsache, daß
1338 nicht nur die Burgmannen von Westerburg26), sondern vor allem auch die
Kanoniker des Stifts Gemünden27) und die Pfarrleute von Gemünden27) und
Seck28) die Zeugenaussagen über diese Patronate machen.
Dürfen wir somit in der Kirche und wohl auch der Grundherrschaft von
Biskirchen alten grundherrlichen Besitz des Stiftes Gemünden sehen, bleibt
noch die Frage seiner Herkunft offen. Einen großen Teil seines Besitzes ver-
dankte Gemünden seinem Stifter Graf Gebhard29). Aber auch andere Angehörige
der konradinischen Familie haben das Stift bedacht, eine Schenkung von Geb-
hards Sohn Udo ist in der Stiftungsurkunde überliefert29). Ein jüngerer Gebhard
aus diesem Geschlecht hat dem Stift wohl die Grundherrschaft Gebhardshain
zugewandt25). Mit einigem Recht wird man deshalb auch den Schenker von
Biskirchen in der Familie des Stifters suchen. Ohne Zweifel gibt der Ortsname
einen Fingerzeig, der einen Bischof als ursprünglichen Besitzer der Grundherr-
schaft und Stifter der Kirche anspricht30). Mit weit mehr Recht, als an irgend-
einen anderen bischöflichen Grundherrn, wird man an den Konradiner Bischof
Rudolf von Würzburg (892—908) als Gründer der Kirche denken dürfen, die
er der Stiftung seines Großvaters geschenkt haben mag.
Ob wir ihm aber bereits die großzügige Planung der dreischiffigen Anlage 31)
zusprechen dürfen, die für den Gebrauch als bescheidene Dorfkirche sich bald
als zu großzügig erwies und selbst im 15. Jahrhundert eine weitere Verkleinerung
vertrug18), muß dahingestellt bleiben. Eher wird man annehmen dürfen, daß
Rudolf hier zunächst einen hölzernen Kirchbau errichtete32). Ein Ansatz jener
großzügigen Planung ins 11. oder 12. Jahrhundert würde sich zwanglos der
zwar im einzelnen bekannten, aber im Zusammenhang noch nicht beachteten,
überraschend großzügigen Bautätigkeit des Stifts Gemünden an seinen Pfarr-
kirchen in jener Zeit einpassen33).
Für unsere Annahme, daß wir in Bischof Rudolf von Würzburg den unbe-
kannten Gründer der Kirche von Biskirchen sehen dürfen, gibt es aber noch

23) Absclir. 15. Jh. StAW 339 Nr. 803; Vidimus v. 1463 zuletzt 1938 StAW Abt. 339 unver-

zeichneter Bestand, jetzt wohl verloren. — , Schultze Nr. 2394 u. 2395.

25) Gensicke § 20. Zum Lehen der Herren v. Runkel vom Stift Gemünden gehörte noch 1444
(Anm. 23), 1462, 1491 (Anm. 24) ihr Anteil an den Gerichten und Dörfern Gemünden und Seck.

26) Schultze Nr. 119. — 27) das. Nr. 120. — - 28) das. Nr. 121.

29) J. M. Kremer, Origines Nassoicae II (1779) S. 14—18 Nr. 8; vgl. Anm. 25.

30) Zuerst 1245 (F. Uhlhorn, Gesch. d. Grafen v. Solms im Mittelalter, 1931 S. 67); 1270
Bischofskirchen (Anm. 20). Wohl kaum ist mit Schoppa (S 38 u. 46) aus dem Ortsnamen
eine große Bedeutung in der kirchlichen Verfassung der Umgebung zu vermuten. Weitere
-Kirchen-Orte der Nachbarschaft: Reiskirchen bei Wetzlar, wohl nach einem Priester
Riculf-Richolf (832 — f 856) (J. M. Kremer II Nr. 6; Böhmer-Mühlbacher, D. Re-
gesten d. Kaiserreichs unter den Karolingern, I 2. Aufl. 1908 Nr. 903; E. F. J. Dronke,

Traditiones et antiquitates Fuldenses, 1844, 38 Kap. 6 Nr. 85 u. 93; Fuldaer Nekrolog in
Mon. Germ. Scriptores XIII S. 177), der in dessen unmittelbarer Nachbarschaft reich begütert

war, noch 1304 Richolfiskirchen (E. Wiese, Urkundenbuch der Stadt Wetzlar I 1911

Nr. 574); Mengerskirchen erst 1279 nach einem sonst noch nicht sicher faßbaren Meginher (May
S. 264) und das entferntere Helferskirchen zuerst 1211/14 (H. Beyer,Mittelrhein. Urkundenb.II
S. 424/26) an der Stelle des ,,predium Helperici" von 959 (Beyer I 1860 Nr. 204) lassen z. T. nocli
deutlich den Zusammenhang mit dem namengebenden Grundherrn erkennen. — 31) Vgl. Anm. 18.

32) So baute noch 931/47 Rudolfs Neffe, der Sohn Gebhards, Herzog Hermann von Schwaben in

Montabaur zunächst eine Holzkirche, die erst vor 959 durch einen Steinbau ersetzt wurde
(Beyer I Nr. 204; Kleinfeldt-Weirich S. 209; Gensicke § 23). 33) Gemünden: dreischiffige
Pfeilerbasilika um 1100 (F. Luthmer, D. Bau- u. Kunstdenkmäler d. Reg-Bez. Wiesbaden
IV 1910 S. 147; Dehio-Gall, Handb. der dt. Kunstdenkmäler, Südl. Hessen, 1950 S. 209);
Battenfeld: Pfeilerbasilika m. Querschiff, Seitenschiffe verschwunden, 12. Jh. (Luthmer IV S.15),
 
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