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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 62.1951

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Siegel- und Wappenstudien
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Brockhusen, Hans Joachim von: Siegel- und Wappenstudien, 1, Redende Wappen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62671#0118
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104 Siegel- und Wappenstudien

Der Schild mit den drei an gemeinsamer Scheibe oder Ring im Dreipaß mit den
Stielen verbundenen halbmondförmigen Eisen (Abb. 4) mag entsprechend „wetze
bregen !" (Schramme das Hirn !) besagen und wird von einem bischöflichen Notar
1374 noch als „decipula, quod (!) vulgariter wolfzense dicitur" beschrieben.
Erst später hat man das Bild als drei Schiffsanker aufgefaßt, wie auch G. A. von
Mülverstedt annahm, der in seinen Beispielen einige echte Wolfseisen als „Anker"
ansprach, weil sie völlig dieselbe Form haben25). M. stieß sich besonders an dem
Stiel, da er nur kurz beringte Wolfssensen gelten lassen wollte; doch haben die
von Stubenberg in der Steyermark wegen ihres Leitnamens „Wülfing" zunächst
1210 mit einem Wolf, dann aber seit 1216 mit der gleichen gestielten Wolfssense
gesiegelt, die sie jetzt noch führen, weil sie eben als „wulf-venge" (Wolf-Fänger)
dem ganzen Vornamen entsprechen konnte26) (Abb. 5), und Arnold Wolf von
Breidenbach in Hessen hat auf einem losen Siegel des 13. Jahrhunderts einen
sprungbereiten Wolf über einem ankerförmigen Eisen27) (Abb. 6), das später von
den Br. zu Breidenstein durch das heutige Doppeleisen ersetzt wurde (Abb. 7).
Ein eigentliches Kreuz aus vier solchen Wolfseisen haben die von Schupbach
(nördl. Runkel; Abb. 8) wegen „schupf" (Schwung), entsprechend den abweichen-
den Bildern von genau gleicher Bedeutung bei den Schübel und (Kalb) von
Weitershausen in Hessen (Abb. 9) sowie den Schuvel in Westfalen (Abb. 10).
Andere Wappen dieser Art mit ihren einzelnen Spielarten wollen dagegen z. B.
an „beie" (Boje, Fessel; Abb. 11—14) oder gar an den Mai erinnern (Abb. 15 bis
18). Für diesen Monat nämlich hatte bereits der fränkische König vor 800 in
seiner (erneuerten) Landgüterordnung für Südfrankreich („Capitulare de villis")
ausdrücklich die Jagd auf Jungwölfe mit Gift, Wolfsangeln, Gruben und Hunden
befohlen.
Die schon bei der Stadt Brieg erwähnte „Wolfssense" begegnet uns besonders
bei den von Frankenstein an der Bergstraße und wird immer wieder hartnäckig
als „Beileisen" bezeichnet. Dazu berechtigt lediglich eine entartete, plumpe
Spätform, während ursprünglich die schmale Halbmondklinge am Stiel, der am
Ende zum Durchziehen eines Riemens eingerichtet ist, ganz anders aussieht
(Abb. 19). Möller versuchte dies Wappen auf die mütterliche Ahnfrau Elisabeth
von Weiterstadt als Erbtochter zurückzuführen28); aber es ist kein Siegel aus
deren Geschlecht, überliefert. Ich möchte die Wolfssense in unserem Falle als
beködertes Lockmittel („reiz"), das genau dem „luoder-reiz" der Lüderitz in
Brandenburg entspricht29), auf Konrad II. Reiz von Breuberg, den Stammvater
der Frankensteiner, beziehen. Zwar führten die Breuberger einen Löwen und ein
Schachmuster im gespaltenen Schild; doch gibt es Beispiele genug dafür, daß oft
Nebenlinien eines Geschlechts mit ihrem Sonderabzeichen auf den Namen des
Hauptstammes abzielen, wie dieser es von sich aus nicht getan hatte. So siegelt
Friedrich von Schönburg(-Glauchau) 1247 mit einem mehrfach schräg geteilten
Schild30), dagegen sein jüngerer Bruder Heinrich von Liebenau 1269 mit einem
achtmal von Feh („schoenwerc") und Balken mit Rosen quer geteilten Wappen31),
und die jetzt zu Weinheim an der Bergstraße gesessenen Freiherren von Berkheim
führen auf dem Helm eine Ente („ant"), um sich als Zweig der von Andlau im
Elsaß zu beglaubigen, die ihrerseits aber ein Königshaupt trugen.

25) G. A. v. Mülverstedt, Beiträge z. mittelalterl. Siegelkunde, I. Stadt Brieg. Anker oder
Wolfseisen (Korresp.-Bl. d. Ges. Ver. d. dt. Gesch.-u. Altert.-Vereine 1870) S. 41—45. Vgl. da-
gegen E. Zimmermann, Bayr. Klosterheraldik, 1930, wo die Mehrzahl der ankerförmigen Ge-
räte in den persönl. Wappen der Äbte richtig als Wolfseisen bezeichnet wird!

26) Münch. Kal. 1904. — Auch bei den von Lippspringe (Westf.) kommt genau ein Anker gleich-
wertig neben der Wolfsangel als Doppelhaken vor!

27) Archiv f. hess. Gesch., A. F. XIV 1879 S. 125 u. Siegeltafel Abb. 2. G. Frh. Schenk zu Schweins-
berg spricht die Figur unter dem Wolf dort noch als „Maueranker" an!

28) Möller, Stammt. A. F. S. 72 u. 75; Münch. Kai. 1912.

29) Münch. Kal. 1934. Eine doppelte Wolfssense auch bei den Reizenberg in Rotenburg/Fulda.

30) G. A. Seyler, Gesch. der Heraldik, 1885/89 Nr. 167 Vgl. Münch. Kal. 1898.

31) Seyler, Heraldik, Nr. 182.
 
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