Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 63.1952

DOI Heft:
Rückblick
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.62672#0016
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

Otto Renkhoff

Sekretär der Landesbibliothek, 1871 selbständig wurde. Wenn auch seitdem Verein
und Museum getrennte Wege gehen, so sind beide doch in fruchtbarem Austausch
verbunden geblieben bis heute. Die Nachfolge des Staats hat hier die Stadt Wiesbaden
angetreten, als sie 1900 das Museum und dazu die gesamten wertvollen Sammlungen
des Vereins übernahm. Der größte Teil der umfangreichen Vereinsbibliothek aber,
durch Ankauf, durch Schenkung, größtenteils durch Tausch erworben — 7000 bis
8000 Bände *—, wurde zusammen mit den Zeitschriften 1898 der Landesbibliothek
zur Verwaltung und Ausleihung kostenlos überwiesen. Hier steht er zusammen mit
den durch den Austausch der Vereinszeitschriften bisher angefallenen bzw. lau-
fend anfallenden Periodica— es sind mehr als ein halbes Tausend — noch heute -
der Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach der Verselbständigung des Museums hat der
Verein noch ein anderes Aufgabengebiet der öffentlichen Verwaltung überlassen kön-
nen: Die Erhaltung und Pflege der Bau- und Kunstdenkmäler wurde kurz nach
der Jahrhundertwende von der Bezirksverwaltung des Regierungsbezirks Wiesbaden
übernommen; heute liegt sie in staatlichen Händen.
Diese Entwicklung läßt deutlich erkennen, welche Verdienste dem Verein gerade
auf dem Gebiete der Bodenaltertümer und der Denkmalpflege zukommen in einer Zeit,
da hier den staatlich-kommunalen Stellen die heute selbstverständlich gewordene Ver-
pflichtung noch völlig fremd war und wertvollstem Kulturgut allenthalben Vernich-
tung oder Verschleuderung drohte.
Mit seiner Neukonstituierung 1820 hat der Verein eine gründliche und um-
fassende Erforschung der Geschichte des Landes begonnen — - der germanischen und
römischen, der mittelalterlichen und neueren. Die Aufdeckung der altsteinzeitlichen
Wohnhöhlen namentlich bei Steeden und Erdbach, die Erforschung der keltischen und
germanischen Ringwälle, die Freilegung des römischen Grenzwalls mit seinen
Kastellen am Feldberg, am Zugmantel, bei Holzhausen und sonst, besonders aber der
Saalburg, der römischen Lager, Villen und Siedlungen, die Ausgrabungen in Wies-
baden und seinen Vororten, in Nidda und Heddernheim, Ems, Marienfels und wie
all die Orte heißen mögen, deren Boden Reste vergangener Kulturen birgt, die Auf-
spürung und Restaurierung mittelalterlicher Bauten und Kunstdenkmäler etwa in
Kiedrich, Niederlahnstein, Lorch, Arnstein, Marienstatt, Altstadt, Kronberg, Epp-
stein, Sonnenberg, Bierstadt usw., die Erhaltung der mittelalterlichen Burgen, deren
Abbruch damals allenthalben gedroht hat, die Sicherung des ungemein reichen
Schatzes an mittelalterlicher Kleinkunst und des nicht minder unersetzlichen Schrift-
guts, etwa des Oculus memoriae, der Gerichtsbücher, Urkunden, Handschriften — all
das ist bis um die Wende zürn 20. Jahrhundert das Verdienst allein des Vereins. Von
tiefer Vaterlandsliebe wie von ernstem wissenschaftlichem Geist beseelt und vom
stolzen Bewußtsein durchdrungen, einem Lande alter Kultur anzugehören, haben
seine Männer, vorab seine tüchtigen Sekretäre wie Friedr. Gustav Habel, des Hof-
kammerrats Sohn, und Karl Rossel, gearbeitet, geforscht und so vieles an wertvollem
Kulturgut gerettet, auf dessen Besitz heute Land wie Stadt wahrhaft stolz sein kann.
Als um die Mitte des Jahrhunderts der allzu autokratische und die römische
Altertumsforschung bevorzugende Habel als Vereinssekretär durch Rossel abgelöst
wurde, setzte eine stärkere Berücksichtigung der geschichtlichen Epochen ein. Seitdem
betont die in den Satzungen gegebene Zweckbestimmung des Vereins den Vorrang der
Geschichte: „die Erforschung der vaterländischen [seit 1901: „nassauischen"] Ge-
schichte und Alterthümer sowie die Aufsuchung, Sammlung, Erhaltung und Be-
schreibung der darauf bezüglichen Denkmäler". Nun bildeten sich auch Sektionen,
in denen die wissenschaftliche Arbeit des Vereins auf bestimmten Gebieten intensiviert
werden könnte: zunächst die für römische Altertümer und für Siegelkunde, dann die
 
Annotationen