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Clemens Weiler
Liebes und Gutes mitteilen, denn er ist ein äußerst braver talentvoller und
fleißiger junger Mann, der das Studium der Baukunst mit vorzüglichem Eifer und
Geschicklichkeit betreibt. Es läßt sich daher erwarten, daß er einstens in diesem
Fach der Kunst als ein ausgezeichneter Mann auftreten und Ihnen viel Freude
machen wird." Nach dem Tode Weinbrenners im Jahre 1826 bezog Boos die
Universität Freiburg. Dort hörte er hauptsächlich Statik, Hydrostatik und
Mechanik bei dem Mathematiker Buzengeiger. Darüber hinaus hatte der junge
Student aber noch Experimentalphysik, technische Chemie, Mineralogie und
Geographie belegt. Wie sehr Boos damals noch unter dem Eindruck der in Karls-
ruhe unter Weinbrenner aufgenommenen klassizistischen Formanschauung stand,
schilderte er sehr viel später, im Jahre 1878, in seinen Empfindungen über das
Freiburger Münster, wie er sie in seinen Studentenjahreu gehegt hatte: „Während
fast dreier Jahre in nächster Nähe einer der großen Kathedralen des 13. Jahr-
hunderts wohnend und zu hundert Malen in den prächtigen Hallen mich er-
gehend, konnte ich mich doch nicht ganz wohl darin fühlen, und nichts anderes
kann die Ursache gewesen sein als der allzustrenge Ernst, den keine freudige
Erregung mildert. Ich empfand das Gewaltige des Eindrucks oft drückend und
die religiösen Zwecke
weniger fördernd, als
es seiner Zeit wohl
der Fall gewesen sein
mag"6).
1829 ging Boos
nach Heidelberg, um
einige Vorlesungen
allgemeiner Bildung
zu hören. Inzwischen
hatte ihmdasbadische
Innenministerium das
Anerbieten gemacht, seine mathematischen Studien auf Staatskosten zu vollenden
mit der Aussicht auf eine Professur in Karlsruhe. Aber Boos lehnte diesen Vorschlag
ab, weil er nacli seinen eigenen Worten „schönere Hoffnungen" auf sein Vaterland
setzte. 1831 legte er das nassauische Staatsexamen ab und wurde 1832 zum
Kandidaten der Baukunst ernannt. Am 22. Jan. 1834 schloß er zu St. Ansgar in
Bremen mit Johanna Maria Heuss, der Tochter des Johann Georg Heuss und
seiner Ehefrau Henriette Junge den Bund der Ehe7). Am 18. Juli 1835 erfolgte
seine Ernennung zum Accessisten des Baubezirks Wiesbaden unter dem Land-
baumeister Eberhard Philipp Wolff, dem einige schlichte klassizistische Land-
kirchen wie die in Eiershausen, Oberliederbach und Singhofen zu danken sind.
Die Bezahlung eines Bauaccessisten war aber so gering — er erhielt nur 200 Gul-
den im Jahr —, daß sicli Boos durcli Privatbauten noch eine Nebeneinnahme ver-
schaffen mußte. Außerdem leitete er ein privates Institut für Baukunde. Boos
war während dieser Zeit weiterhin bestrebt, sich besonders auf technischem Ge-
biete mit allen Neuerungen bekannt zu machen. So führte ihn im Sommer 1836
eine Reise, zu der er einen staatlichen Zuschuß erhalten hatte, nach Rhein-
preußen, Belgien und Holland, um die Art der Fabrikation von Backsteinen nach
niederländischer Art genau kennenzulernen.
Im Spätsommer des gleichen Jahres 1836 erhielt Boos seinen ersten selbstän-
digen staatlichen Auftrag. Im Biebricher Schloßpark errichtete er ein proviso-
risches Orangeriehaus, ein einfaches Gewächshaus von 138 Fuß Länge. Am
12. August wurde der Bauplatz abgesteckt und am 4. Oktober konnte bereits mit
dem Einfahren der Orangenbäume begonnen werden. Das war ein Bau, der keine
großen Anforderungen an einen Baumeister stellte. Jedoch „die ganze Ausführung
6) C. Boos, Die evang. Hauptkirche zu Wiesbaden, 1878. — 7) Stadtarchiv Diez.
Clemens Weiler
Liebes und Gutes mitteilen, denn er ist ein äußerst braver talentvoller und
fleißiger junger Mann, der das Studium der Baukunst mit vorzüglichem Eifer und
Geschicklichkeit betreibt. Es läßt sich daher erwarten, daß er einstens in diesem
Fach der Kunst als ein ausgezeichneter Mann auftreten und Ihnen viel Freude
machen wird." Nach dem Tode Weinbrenners im Jahre 1826 bezog Boos die
Universität Freiburg. Dort hörte er hauptsächlich Statik, Hydrostatik und
Mechanik bei dem Mathematiker Buzengeiger. Darüber hinaus hatte der junge
Student aber noch Experimentalphysik, technische Chemie, Mineralogie und
Geographie belegt. Wie sehr Boos damals noch unter dem Eindruck der in Karls-
ruhe unter Weinbrenner aufgenommenen klassizistischen Formanschauung stand,
schilderte er sehr viel später, im Jahre 1878, in seinen Empfindungen über das
Freiburger Münster, wie er sie in seinen Studentenjahreu gehegt hatte: „Während
fast dreier Jahre in nächster Nähe einer der großen Kathedralen des 13. Jahr-
hunderts wohnend und zu hundert Malen in den prächtigen Hallen mich er-
gehend, konnte ich mich doch nicht ganz wohl darin fühlen, und nichts anderes
kann die Ursache gewesen sein als der allzustrenge Ernst, den keine freudige
Erregung mildert. Ich empfand das Gewaltige des Eindrucks oft drückend und
die religiösen Zwecke
weniger fördernd, als
es seiner Zeit wohl
der Fall gewesen sein
mag"6).
1829 ging Boos
nach Heidelberg, um
einige Vorlesungen
allgemeiner Bildung
zu hören. Inzwischen
hatte ihmdasbadische
Innenministerium das
Anerbieten gemacht, seine mathematischen Studien auf Staatskosten zu vollenden
mit der Aussicht auf eine Professur in Karlsruhe. Aber Boos lehnte diesen Vorschlag
ab, weil er nacli seinen eigenen Worten „schönere Hoffnungen" auf sein Vaterland
setzte. 1831 legte er das nassauische Staatsexamen ab und wurde 1832 zum
Kandidaten der Baukunst ernannt. Am 22. Jan. 1834 schloß er zu St. Ansgar in
Bremen mit Johanna Maria Heuss, der Tochter des Johann Georg Heuss und
seiner Ehefrau Henriette Junge den Bund der Ehe7). Am 18. Juli 1835 erfolgte
seine Ernennung zum Accessisten des Baubezirks Wiesbaden unter dem Land-
baumeister Eberhard Philipp Wolff, dem einige schlichte klassizistische Land-
kirchen wie die in Eiershausen, Oberliederbach und Singhofen zu danken sind.
Die Bezahlung eines Bauaccessisten war aber so gering — er erhielt nur 200 Gul-
den im Jahr —, daß sicli Boos durcli Privatbauten noch eine Nebeneinnahme ver-
schaffen mußte. Außerdem leitete er ein privates Institut für Baukunde. Boos
war während dieser Zeit weiterhin bestrebt, sich besonders auf technischem Ge-
biete mit allen Neuerungen bekannt zu machen. So führte ihn im Sommer 1836
eine Reise, zu der er einen staatlichen Zuschuß erhalten hatte, nach Rhein-
preußen, Belgien und Holland, um die Art der Fabrikation von Backsteinen nach
niederländischer Art genau kennenzulernen.
Im Spätsommer des gleichen Jahres 1836 erhielt Boos seinen ersten selbstän-
digen staatlichen Auftrag. Im Biebricher Schloßpark errichtete er ein proviso-
risches Orangeriehaus, ein einfaches Gewächshaus von 138 Fuß Länge. Am
12. August wurde der Bauplatz abgesteckt und am 4. Oktober konnte bereits mit
dem Einfahren der Orangenbäume begonnen werden. Das war ein Bau, der keine
großen Anforderungen an einen Baumeister stellte. Jedoch „die ganze Ausführung
6) C. Boos, Die evang. Hauptkirche zu Wiesbaden, 1878. — 7) Stadtarchiv Diez.