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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 63.1952

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Siegel- und Wappenstudien
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Renkhoff, Otto: Die Siegel und Wappen der kurtrierischen Orte in Nassau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62672#0299
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Renkhoff, Die Siegel u. Wappen der kurtrierischen Orte in Nassau

281

Siegel der Schmiede-, Schlosser- und Nagelschmiedezunft des 17./18. Jh. Dm 24 mm.
In geviertem Schild in Feld 1 zwei gekreuzte Schlüssel.
Montabaur ist der älteste trierische Stützpunkt unseres Bezirks. Die sich zu
Füßen des Burgbergs entwickelnde Stadt erhält am 29. Mai 1291 Stadtrechte,
und bald darauf taucht das Stadtsiegel auf, belegt seit 1300 (I): Mit dem Archi-
tekturbild und dem Patron der Stadtkirche ist das Wappen des Landesherrn ver-
einigt (Tf. II 1). Dieses prunkvolle Bild wird in den Stadtsiegeln bis zum Ende
des Kurstaats beibehalten (II—IV) - — nur daß im Sekret (II) die architektonische
Umrahmung als Thronsessel gestaltet ist (Tf. II 2). Die Gerichtssiegel (V-—VII),
belegt seit 1364, füllen dagegen, auf das „Porträt" der Stadt völlig verzichtend,
das Siegelfeld mit dem landesherrlichen Wappenzeichen und belegen dieses mit
dem Kirchenpatron in voller Figur (Tf. II 4).
Neben dem großen Stadtsiegel geht das kleine, das städtische Sekret, (II) als
sigillum ad causas einher. Das Signet (III) läßt der Stadtschreiber 1694 anfertigen,
umb die missivschreiben damit zu verpettschieren, welche vonwegen der statt werden
geschrieben werden4). Anfangs waren Schultheiß und Schöffen auch im Besitz
der städtischen Verwaltung. 1364 taucht neben ihnen der Bürgermeister auf. Mit
der Entstehung des Rats nach Beginn des 15. Jahrhunderts trennen sich Gericht
und Verwaltung5). Die beiden älteren Stadtsiegel, von nun an Ratssiegel genannt,
werden nach der Mitte des 18. Jahrhunderts durch das Sigillum senatus (IV) all-
mählich verdrängt. - — Die gerichtlichen Ausfertigungen wurden bis zur Mitte des
14. Jahrhunderts meist durch Schultheiß oder Schöffen oder beide zugleich,
selten durch den Pfarrer, mit ihren Personalsiegeln beglaubigt -— bis das Gerichts-
siegel geschaffen ist. Das ältere Gerichtssiegel (V) wird 1771 durch ein neues (VII)
ersetzt. Beiden steht seit dem 18. Jahrhundert ein entsprechendes sigillum ad
causas (VI) zur Seite. Abdrücke der Siegel I, II, V-—VII sind dem Kommissions-
protokoll von 1778 (s. S. 282 u. 302 ff.) als Beweisstücke beigegeben; die entspre-
chenden Stempel waren damals also noch verfügbar.
Nach der Auflösung des Kurstaats bringen die Stadtsiegel (X—XII) innerhalb
einer dürftigen Architektur den Kirchenpatron stehend, das Ganze •— nach da-
maliger Vorschrift - — in einem Schild. 1895 wird in historisierender Weise das
Bild des alten großen Ratssiegels, auch mit dem kurtrierischen Wappenschild,
wiederaufgenommen (XIII). Und als die Ausschmückung des Wiesbadener
Landeshauses mit den Stadtwappen des Regierungsbezirks vorbereitet wurde,
da hat man 1908 dieses Siegelbild, in einen Schild gesetzt
und mit Farben 6) versehen, zum Wappen erklärt und als
das Stadtwappen festgelegt: in blauem Schild die Archi-
tektur silber mit roten Dächern, Petrus in rotem Gewand
und goldenem Untergewand, Schlüssel, Kreuzstab und Hei-
ligenschein gold, die trierischen Schilde rot in silber (Text-
Abb. 1). Mit etwas einfacherer Tingierung bringt dieses
„Wappen" auch Hupp 7), während Siebmacher8) das Bild
des Stadtsiegels von 1816 als Wappen ausgibt.
Bei dieser „Entwicklung" zum „Wappen", wie sie nach
Beginn des 19. Jahrhunderts einzusetzen beginnt, hat man
generell den Unterschied zwischen Siegel und Wappen und
speziell die Verhältnisse in Montabaur außer acht gelassen.


Abb. 1. „Wappen" der
Stadt Montabaur (1908)

4) Stadtareh. Montabaur, Ratsprotokoll S. 367; frdl. Mitt. v. Lehrer H. Fries, Montabaur.

5) vgl. auch H. Fries, Montabaur in kurtrier. Zeit, in : Westerwälder Zeitung 1951 Nrr. 80, 84, 91, 95.

6) Auf einem Gipsabguß im Stadtareh. Montabaur ist bereits um oder vor Mitte d. 19. Jh. das
Siegelbild (!) koloriert: auf blauer Pappe die Türme grau, Maueröffnungen schwarz, rotes Ober-,
braunes Untergewand, Schlüssel, Kreuz und Turmspitze gold, Schilde silber mit rotem Kreuz
(frdl. Mitteilung v. Dr. H. Gensicke).

7) 0. Hupp, Deutsche Ortswappen (hrsg. v. d. Kaffee-Handels-Aktiengesellsch., Bremen), Prov.
Hessen-Nassau, Reg.-Bez. Wiesb. [1930].

8) J. Siebmachers gr. u. allg. Wappenbuch, IV. Abt. Städtewappen (1885) Tf. 260.
 
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