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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 63.1952

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Demandt, Karl E.: Die Anfänge des Katzenelnbogener Grafenhauses und die reichsgeschichtlichen Grundlagen seines Aufstieges
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https://doi.org/10.11588/diglit.62672#0033
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Die Anfänge des Katzenelnbogener Grafenhauses 21

eben damals verkaufte Besitz nicht nur in Orten gelegen ist, in denen auch sonst
ältester Katzenelnbogener Besitz vorkommt (wie in Niedertiefenbach), sondern
auch in einem solchen (Hundsangen), dessen St.-Goar-Patrozinium auf St. Goar
hinführt, in dem zu 1089 ein Diether als Prümer Vogt bezeugt ist 13). Diether d.Ä.
aber wird in der Siegburger Urkunde von 1095/96 als Vater Heinrichs und dessen
Bruder Diether genannt. Wir stehen daher nicht an, nunmehr auch die dritte
Siegburger Urkunde von 1066—75 in diesen Zusammenhang einzubeziehen, den
in ihr genannten Edlen Dietrich mit Diether d. Ä. der zweiten Siegburger Urkunde
von 1095/96 gleichzusetzen und ihn als Vater Heinrichs I. von Katzenelnbogen
anzuspreehen 36). Denn die Geschlossenheit der Überlieferung und der Besitzhin-
weise, die genealogischen Verknüpfungen und die Einheitlichkeit der Namen, die
für das Katzenelnbogener Grafenhaus charakteristisch sind, berechtigen zu dem
Schluß, in dem 1066—75 genannten Diether den ältesten bisher bekannten
Katzenelnbogener zu sehen.
Mit dieser Feststellung aber wird nun auch die Kontroverse über die Be-
glaubigungsform dieser Siegburger Urkunde von 1066 —75 in eine neue Beleuch-
tung gerückt, denn jetzt schwebt der eine Kontrahent dieser Prekarie, der Edle
Diether, um dessen Zeichen der Streit geht, nicht mehr wie bisher in einem
genealogisch luftleeren Raum, sondern kann einer bestimmten Familie zuge-
wiesen werden, deren späteres Wappen bekannt ist. Die hier behandelte Urkunde
ist mittels einer Marke chirographiert, die aus zwei konzentrischen Kreisen um
einen senkrechten Mittelbalken besteht. Da nur das obere Drittel des Chirographs
erhalten ist, stellte das ganze Zeichen wahrscheinlich ein von einem Doppelkreis
umschlossenes Kreuz dar37), wobei der ursprüngliche Schnitt sicher durch den
Querbalken des Kreuzes ging, der vielleicht die Aufschrift cyrografum trug38).
Chirographierung und Siegel sind mit den Worten angekündigt: et ut hoc stabile
et inconvulsum permaneat, istius cirografi et sigillo nostri approbacione confirmare
curavimus. Ilgen hat istius auf Diether bezogen und cirografum mit Hantgemal
übersetzt, doch ist beidem mehrfach widersprochen worden 39), wobei eine end-
gültige Entscheidung allerdings nicht erzielt wurde, was auf Grund der vorliegen-
den Urkunde allein auch kaum möglich sein dürfte. Jedenfalls ist der genannte
Chirograph in seiner ursprünglichen vollen Gestalt, einem Kreuz im Kreise, in
dieser Form ein gerade für Urkundenbeglaubigungen so typisches Handzeichen,
daß die These Ilgens, es als solches unter Bezug auf das dem Kloster Siegburg
übertragene Gut mit dem Besitzzeichen Diethers gleichzusetzen, nicht von vorne-
herein abgelehnt werden kann. Eine weitere Erwägung, wie sie nunmehr auf
Grund der genealogischen Einreihung Diethers möglich ist, stützt diese Annahme.
Die Katzenelnbogener führen später einen Löwen im Wappen, der seit 1219 in
ihren Siegeln nachweisbar ist 4°). Während eines Erbstreites im Katzenelnbogener
Hause behauptete nun Graf Wilhelm I. im Jahre 1326 sein Recht an der Stamm-
burg Katzenelnbogen mit dem Argument darumb das wir uns wapen dan abe
drain41), brachte also sein Wappen mit der Stammburg in ursächlichen Zusam-
menhang. Diese Burg aber ist erst kurz vor 1100 von Diethers I. Sohn Heinrich I.

36) Wir teilen also die Ansicht von Ilgen (Korrespondenzbl. 69, 1921 Sp. 199) nicht, der geglaubt
hatte, aus der Bestimmung der Urk. auf ein älteres kinderloses Ehepaar schließen zu sollen, das
sein Gut dem Kloster vermachte, sehen vielmehr darin nur eine besondere Form der Schenkung
von Todes wegen, die zwischen beiden Parteien enge Bindungen erkennen läßt.

37) Dieser naheliegenden, von Ilgen näher begründeten Vermutung stimmt auch 0. Hupp,
Wider die Schwarmgeister III (1919) S. 80 zu.

38) Die Tatsache, daß von diesem vermuteten Querbalken heute nichts mehr erhalten ist, erklärt
Hupp ebendort einleuchtend damit, daß die Urk. später durch Abschneiden eines daumenbreiten
Streifens, der den Querbalken des Kreuzes und das vermutlich auf ihn gesetzte chirographierte
Kennwort enthielt, ungültig gemacht wurde.

39) So von Sohm, Zs. d. Savigny-Stiftung f. RG. Germ. Abt. 30 S. 104 Anm. 1; von S. Keller

in der Festschr. f. Heinrich Brunner (1910) S. 195ff. ; von O. Redlich, Urkundenlehre III (1911)
S. 110 Anm. 1; von 0. Hupp, Schwarmgeister III S. 80. Dagegen hat sich F. Küch für Ilgen

erklärt. — 40) StA Wiesbaden Abt. 22, 69. — ^) Wenck, I UB 162.
 
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