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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 2.1928

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Pechmann, Günther von: Die volkswirtschaftliche Bedeutung einer neuen künstlerischen Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.17441#0293

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ZWEITER TEIL: NEUE METHODEN UND RESULTATE

DIE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG EINER NEUEN

KÜNSTLERISCHEN ERZIEHUNG Von Günther von Pechmann, München.

Wenn von neuen Wegen der künftlerifchen Erziehung gefprochen werden
foll, (o bedürfen diefe Worte einer Erläuterung. Nicht um die Erziehung von
Künftlern handelt es lieh hier, noch um neue Wege für die Kunft. Ein allge-
mein pädagogifches Ziel leitet die Beffrebungen der Lehrer und Schulen,
welche ihr Interelfe und ihre Sorgfalt der Kinderzeichnung zuwenden.
Dem unverbildeten Kind kann das Zeichnen ein ebenfo unmittelbares Aus-
drucksmittel fein wie die kindliche Sprache. Es gibt feine Eindrücke und feine
Vorftellungen wieder, es fchafft fich feine eigenen bildhaften Symbole für
Menfch und Tier und Pflanze, für Dinge und Erlebniffe feiner Welt. Ver-
hängnisvoll ift jede Einwirkung der Erwachsenen, welche diefem unmittelba-
ren lebendigen Ausdruck die „Richtigkeit" eines Vorbildes, einer Vorlage
oder eines Naturgegenftandes entgegenhält. Sie wird zur Folge haben, dafj
der lebendige Quell verfiegt und an feine Stelle das Manipulieren mit fertig
übernommenen Begriffen und Formen tritt.

Die Erkenntnis, dafj die Schule mitberufen ift, der Erftarrung des Ausdrucks-
vermögens, der Verholzung des inneren Menfchen entgegenzuwirken, bricht
fich Bahn. Wir fühlen heute, dafj die Befchäftigung mit der gewordenen
Form, dafj die Kultivierung des Dinges felbft nicht genügt, um eine neue
lebendige Kultur des fichtbaren Lebens herbeizuführen. Wir fangen an, uns
zu erinnern, dafj es nicht auf die Dinge ankommt, fondern auf die Menfchen/
welche die Dinge fchaffen. Wir fehen immer deutlicher, dafj alles davon
abhängt, ob es gelingt, ein Gefchlecht freier, ehrlicher, unverbildeter Men-
fchen heranzuziehen- Ift es nicht einer der gröfjten Bildungsmängel der Ge-
genwart, dafj nur wenige Menfchen imftande find, ihren Worten und ihren
Werken einen lebendigen Inhalt und damit auch eine lebendige Form zu
geben ? Der fertig gekaufte Ausdruck, das fprachliche Klifchee ift die Urfache
der furchtbaren Öde fast aller öffentlichen Reden; die unbefeelte Form ift
die Urfache der Wertlofigkeit fo vieler Hervorbringungen in den Künften und
in den Gewerben.

Sind die Dinge, die aus Werkftätten und Fabriken hervorgehen, welche die
Mufterlager der Warenmeffen, die Kaufläden der Städte und die Wohnungen
der Mafien füllen, find fie wahr, ehrlich, find fie Träger dauernder kultureller
Werte? Nur für einen verfchwindend geringen Bruchteil der ganzen gewerb-
lichen Poduktion unferer Zeit dürfen wir diefe Frage bejahen.
Mit leidenfehaftlicher Anteilnahme verfolgt die Menfchheit das Werden einer
neuen fichtbaren Umwelt. Es gibt kein Handwerk und keinen Induftriezweig

m- -ri'- Ufi

ZWEI PROBEN EINER KLASSENAUFGABE.
Thema: Das Paradies. 10 jährige Frankfurter
Schüler

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