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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 3.1929

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Gantner, Joseph: Die Frankfurter Ausstellung "Der Stuhl"
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Loos, Adolf: Das Sitzmöbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0044

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fich von felbft. Andere Ausheilungen — Bauten der Technik, Film, Induftrie
und Handwerk, Damen-Mode und Herrenkleid, Sportgerät und Sportanzug
u. a. — follen über die gefamte heutige Erfcheinung ganzer Gebiete Aus-
kunft geben.

Wir find der Meinung, daß heute keine Ausftellungshalle, ja felbft kein
Mufeum die Forderungen der Gegenwart mehr überhören darf. Und wir
hoffen, daß die Ausheilungen, die nun folgen, jedesmal ihre Spuren hinfer-
laffen werden in einem Frankfurter Mufeum der Gegenwart, welches,
die Idee der „Abteilung für Gewerbekunft" am Münchener Nationalmufeum
weiterführend, in gut gewählten, leicht zugänglichen und leicht erfefybaren
Typen die Formen der Lebensführung der Gegenwart aufzeigen
müßte. Frankfurt hat erft vor kurzem überaus ritterlich der Vergangenheit ge-
dacht. Vor diefem Hintergrunde erhebe fich nunmehr eine fchöpferifche,
lebendige Pflege der Gegenwart. J. Ganfner

DAS SITZMÖBEL Von Adolf Loos

Wir entnehmen diefen Auffarj, der am 19. Juni 1898 in der „Neuen
Freien Preffe" erfchien (als Kritik eines von Otto Wagner eingerichteten DER TYPISCHE THONETSTUHL. Gebogene
Zimmers auf der Jubiläumsausftellung von 1898) dem Sammelband Hölzer, verfchraubte Konftruktion

„Ins Leere gefprochen", Paris-Zürich 1921, und freuen uns, bei dieler
Gelegenheit von neuem an die bahnbrechende Bedeutung der küntt-
lerilchen und publiziltifchen Arbeiten von Adolf Loos erinnern zu können.

Unter Schönheit verftehen wir die höchfte Vollkommenheit. Vollftändig aus-

gefchloffen ift daher, daß etwas Unprakfifches fchön fein kann. Die erfte Grund- armlehnstuhl, Modell Rietveid Utrecht
bedingung für einen Gegenftand der auf das Prädikat „fchön" Anfpruch
erheben will, ift, daß er gegen die Zweckmäßigkeit nicht verftöfjt. Der praktifche
Gegenftand allein ift allerdings noch nicht fchön. Dazu gehört mehr. Die alten
Cinquecento-Leute haben fich wohl am präzifeften ausgedrückt. Sie fagten:
Ein Gegenftand, der fo vollkommen ift, dafj man ihm, ohne ihn zu benach-
teiligen, weder etwas wegnehmen noch zugeben darf, ift fchön. Das wäre
die vollkommenfte, die abgefchloffenfte Harmonie.

Wir fehen alfo, daß fich die Schönheit eines Gebrauchsgegenftandes nur in
bezug auf feinen Zweck erklären läßt. Für ihn gibt es keine abfolute Schönheit.
„Seht doch, welch fchöner Schreibtifch!" - „Schreibtifch? - der ift ja häßlich!" -
„Es ift aber gar kein Schreibtifch, es ift ein Billard." — „So ein Billard, gewiß,
es iftein fchönes Billard." — „O, fehen fie doch,welch herrliche Zuckerzange!"—
„Waaas, herrlich, ich finde diefe Zuckerzange geradezu fürchterlich!" —„Aber
es ift ja eine Kohlenfchaufel!" — „Ja dann, gewifj, es ift eine herrliche Kohlen-
fchaufel!" — „Welch wunderfchönes Schlafzimmer Hr. - feßen fie den Namen
des dümmften Menfchen her, den fie kennen - befitjt". „Was, Hr. X., Y., Z?

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