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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 3.1929

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Gantner, Joseph: Eine Monographie über Franz Adickes
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https://doi.org/10.11588/diglit.17291#0390

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FRANKFURTER ANGELEGENHEITEN

EINE MONOGRAPHIE ÜBER FRANZ ADICKES

Der Hannoveraner Franz Adickes, der von 1891-1912 Oberbür-
germeifter von Frankfurt a. M. war und hier 69 jährig 191 5 geftor-
ben i(t, wird in der Gefchichte der Stadt Frankfurt allezeit den
ganz großen Figuren zugezählt werden. Wir haben gerade heute,
wo durch eine weitausgreifende Wohnungsbautätigkeit dem Ge-
ficht der Stadt auf Generationen hinaus neue Züge eingeprägt
werden, alle Urfache, an den Mann zu erinnern, der, ein Kommu-
nalpolitiker feltenen Formates, mit (einen Arbeiten in vieler Be-
ziehung den Grund gelegt hat zu dem, was heute gefchieht.
Man kennt Franz Adickes in erfter Linie als den Gründer der
Frankfurter Univerfität, als den Mann, dem es in jahre-
langer zäher Arbeit gelungen war, mit Hilfe privater Zuwendungen
aus vorhandenen lokalen Inftituten die heutige Univerfität zu er-
richten (1914). Daneben aber ift die zwanzigjährige Oberbürger-
meiftertätigkeit Adickes' von Anfang bis zum Ende erfüllt von einer
raftlofen Bemühung um neue Gefetze und Mahnahmen
ft ä d te b a u I i ch e r und w o h n b a u p o I i t i f ch e r Art, und es
fpricht fehr für den weiten Blick Adickes', daß er diefe Gefeße
und Mahnahmen nicht bloß für feine Stadt, fondern für das ganze
Reich plante, ohne freilich immer Erfolg zu haben. Lieft man heute
in der intereffanten, umfangreichen Monographie des Verlages
Englert und Schlosser') die Kapitel über Adickes' kommunalpo-
litifche Tätigkeif nach, fo wird man auf Schrift und Tritt die Fäden
aufdecken können, welche aus jenen zwei glücklicheren Jahrzehn-
ten vor dem Kriege hinüberführen in die Gegenwart. Kaum eines
der großen Probleme, die heute zur Löfung drängen, ift nicht
fchon in der Aera Adickes durch irgend eine Mahnahme vorbe-
reitet oder angefchnitten worden.

Gleich in das erfte Jahr feiner Frankfurter Tätigkeit fällt die Bau-
ordnung von 1891, deren Grundidee nichts anderes ift als
die Ablehnung der in den deutlchen Großftädten damals beinahe
fchon traditionell gewordenen Miets-Kaferne und der Verfuch, in
dem freien Gelände außerhalb der Stadt billige Einfamilienhäufer
zu erfchwinglichen Preifen zu errichten. Wenn alfo die heutige
Bautätigkeit der Stadt Frankfurt in fo eindeutiger Weife den Flach-
bau gegenüber dem Hochbau bevorzugt, fo liegt in diefem Vor-
gehen eine durchaus konfequenle Fortfeßung der Adickes'fchen
Baupolitik, und es ift nur fchade, daß die Bearbeiter der Mono-
graphie es fich verfagt haben, die außerordentlich fruchtbaren

')FranzAdickes. Sein Leben und (ein Werk. Mitarbeiter: Ober-
bürgermeifter Dr. Landmann, Dr. Erich Adickes, Dr. Alfred Hugenberg,
Dr. Heinrich Bleicher, Dr. Karl Weidlich, Prof. B. Freudenthal, Dr. Ludwig
Heilbrunn ■ 472 Seiten, in Ganzleinen gebunden, 7.50 Mark, Verlag Englert
und Schloffer, Frankfurt am Main.

Auswirkungen der Ideen Adickes' auf die Gegenwart darzuffellen.
Ähnlich verhält es fich mit Adickes' Bemühungen um die Einge-
meindung der Vororte, die 1895 zur Eingemeindung
Bockenheims, 1900 zu derjenigen von Ober- und Niederrad und
1905 zu der Vereinigung des Landkreifes Frankfurt mit der Stadt
geführt haben. Diefe Eingemeindungen, die dann später, wie man
weif}, im großen Stil fortgelegt und 1928 mit der Angliederung
von Höchft zu einem vorläufigen Abfchluß geführt wurden, haben
erff die große Siedlungsplanung der leßfen Jahre ermöglicht.
Die Zufammenfassung und Krönung all diefer Arbeiten der Sied-
lungs- und Wohnungspolitik aber brachte das Gefetz betr. die
Umlegung von Grundftücken in Frankfurt vom29.Juli
1902, das als Lex Ad ick es den Namen feines Schöpfers trägt.
Adickes hatte es in erweiterter Form fchon 10 Jahre früher ohne
Erfolg dem Preußifchen Herrenhaus vorgelegt. Es gelang ihm
dann, es wenigftens für die Stadt Frankfurt zu retten, bis fchließ-
lich in das preußifche Wohnungsgefeß von 1918 eine Beftimmung
aufgenommen wurde, welche auch andern Gemeinden erlaubt,
die Lex Adickes einzuführen. Diefe Lex Adickes war die natürliche
Auswirkung der Bauordnung von 1891, denn (ie erft gab der
Gemeinde das Recht, durch zwangsweife Umlegung von Grund-
ftücken in ihrem Bereich das Gelände für eine rationelle Bebauung
vorzubereiten. Es ift leicht verftändlich, welch kapitale Bedeutung
diefes Gefeß fpäter für die Frankfurter Siedlungspolitik gewinnen
follte!

In dielem Zufammenhang find auch die unter Adickes 1901 er-
laffenen Frankfurter Normativ - Beftimmungen über
Vergebung ftädtifchen Geländes in Erbbaurecht zu
erwähnen, die dazu beigetragen haben, die Anfiedlung, befon-
ders von Beamten in der oben gefchilderfen Art zu erleichtern,
und die bald auch von andern Städten Deutfchlands übernommen
wurden.

In feinem Vorwort zu der Monographie betont Oberbürgermeifter
Landmann mit Recht, daß es falfch wäre, Adickes für die unfern
Augen fo wenig zugänglichen architektonifch-ä fthetifchen
A u sw i r k u n g e n feiner Zeit verantwortlich zu machen. In feine
Amtstätigkeit fällt der Neubau des Schaufpielhaufes, der Fefthalle
und die Umgeftaltung des Rathaufes (1903). Allerdings haben
die Führer der damaligen jungen Architekten-Generation, Para-
vicini, Bernoully u. a., gegen die romantifchen und aufwendigen
Formen diefer Um- und Neubauten proteftiert. Allein die Ideen
des neuen Bauens waren damals noch viel zu Ichwach, als daß fie
an offizieller Stelle hätten durchdringen können. Erft die folgende
Generation hat den Durchbruch zu einer neuen, funktionellen
Baukunft mit Entfchiedenheit vollzogen.

J. Gantner.

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