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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Breuer, Marcel: Das aktive Theater: die drei Aufgaben eines neuen Theaters
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0019

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Eines unserer Hauptgebiete: Das aktive Theater
Modernes Theater
moderner Film

und ihre architektonischen Anlagen Die drei Aufgaben eines neuen Theaters

Das Problem des modernen Theaters und seiner 1. Die Tendenzen der Theaterentwickelung liegen vorwiegend nicht auf dem

wirklichen organischen Verbindung mit dem Gebiete der theatertechnischen Weiterentwickelung, da diese ihre Fortent-

Voike ist ungeheuer schwer und kompliziert, und wjckelung im plastisch-farbigen Tonfilm nehmen wird, besser gesagt: in dem
vielleicht unter den heutigen Verhältnissen, be. roduzjerten Theater. Für das Theater bleibt als ausschlaggebende Möglich-

der heutigen Zerrissenheit der Anschauungen ..........

Uberhaupt nur in jedem einzelnen Falle aus den kelt: dle aktlve Mitwirkung des Publikums.

lokalen Voraussetzungen heraus zu lösen, wir Eine neue Art des Theaterspielens wird entstehen, die auf eine Wechsel- und

haben früher oft auf die Unvereinbarkeit des Zusammenwirkung (Reziprok-Wirkung) von Publikum und Akteur basiert ist, im

heutigen Theaterbetriebs mit einer wirklich so- |nha|t und jn dsr Form VQm heutigen Spie| wesentlich verschieden. Das im heu-

zialen Kulturpflege hingewiesen, und die seit- . . .

. . j u ut». ! «. , tiqen Sinne verstandene Theater der Dekorationen, Wandlungen und techni-

henge Entwicklung der Verhaltnisse an den Thea- » ' a

tern hat unserer skeptischen Auffassung nur zu sehen Effekte wird eine begleitende Rolle innehaben zwischen Spiel und Zu-
sehr Recht gegeben. Trotzdem können wir den schauer oder zwischen Akteur und Zuschauer. Dieses Spiel (das sich im Gegen-
vorschlägen Marcel Breuers nicht in allen Punk- satz zum heutigen Theater durchaus aktuell ideologisch gestalten wird) kann
ten zustimmen. Seiner Forderung nach einer ak- vorher organisatorisch festgelegt oder auch improvisiert werden. Seine Mög-
tiven Mitwirkung des Publikums widerspricht die |ichkeiten Megen in den ungeheuren Spannungen zwischen Realität und Dich-

Tatsache, daß gerade der einfache Mensch vom . . r. ■ . . . . -» ■ .r.-L

Theater ein „Spiel" verlangt, circenses, etwas, tun9< zwischen Propaganda und Idee, zwischen Zuschauerraum und Buhne,

was zwar unbedingt seiner Gefühls- und inter- Konsequenz hiervon ist, daß man ein Theater schafft, in dem der Zuschauerraum

essensphäre entsprechen muß, wobei er aber nach entsprechenden neuen Prinzipien angelegt ist, und zwar so, daß das

als Zuschauer und Zuhörer nicht mitzuagieren pub|jkum vo||e Bewegungsfreiheit hat, daß es unbehindert auf die Bühne kann

braucht. —oder der Akteur in den Zuschauerraum—, daß also der Zuschauerraum selbst

Der Bund „Das Neue Frankfurt , dessen Film-Ma- , ■ ^,

tineen vom letzten Winter zu den am meisten Aktionsfeld wird, das an allen Stellen für Auge und Ohr eines jeden Zuschauers

besuchten Veranstaltungen Frankfurts gehörten, und Akteurs einwandfrei ist.

steht im Begriffe, ein Theater-Studio ins Leben zu Die erste Voraussetzung eines neuen Theaters ist also eine Reform des bis-
rufen und damit praktisch zu zeigen, wie mit ein- herigen stejfen Zuschauerraumes und eine Lockerung und Aktivierung des Zu-
fachen Mitteln ein modernes Theater geschaffen .

. . ... Schauers.

werden kann. Gtr.

2. Das Theater ist nicht mehr ein reiner Zeitvertreib, sondern ein kulturelles Be-
tätigungsfeld der breiten Massen, also: Erziehung, Propaganda, Debatte.
Warum geschieht dieses nicht in einem Versammlungssaal, sondern im Theater?
Weil das Theater durch seine mechanisch-künstlerischen Möglichkeiten eine
wertvolle Steigerung und Konzentrierung dieser Massenvorgänge bietet. Die
Bühne hat die Möglichkeit und die Aufgabe, die geistigen und aktuellen Vor-
gänge des Massenlebens zu illustrieren. Wir brauchen also außer dem Ver-
sammlungsraum auch eine Bühne, und zwar eine Bühne, deren Wandlungsfähig-
keit die bisherigen Grenzen überschreitet. Die Reform der Bühne ist die zweite
Aufgabe eines neuen Theaters.

3. Ein Theater im Sinne des bisher Gesagten wird das kulturelle Zentrum der
Gesellschaft. Es ist die Verbindung der verschiedenen Berufe und soll propa-
gandistischer Träger einer Zusammengehörigkeit und eines Zusammengehens
sein. Die sinngemäße Zentralisierung der Nebenanlagen ist die dritte Aufgabe
eines neuen Theaters. i

Die Lösung dieser drei Hauptaufgaben Weg von dem bisherigen System der starren Sitzreihen! Sie gestatten keine

1. Der Zuschauerraum Bewegung des Zuschauers.

Weg von dem bisherigen System der breiten Ränge! Sämtliche Zuschauer
sollen einander und jeden Punkt des Raumes sehen können.

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