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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0056

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den Moment. Gute Architektur veraltet nie, Actar wird in der momen-
tanen Form durch die kleinste Erfindung überholt... etc. Einzig beim
Wohnungsbau zögert Rubiö. Er behilft sich dann mit einer in der Praxis
unmöglichen Unterscheidung zwischen dem Haus für den Menschen, „qui
vit avec une certaine lenteur et en dehors du present" (Aufgabe der
Architektur) und der Behausung „für den homo sapiens, qui vit dans la
häte et dans le moment present" ... Gerade dieser Passus zeigt die
Schwäche der Argumentation. Warum soll der Architektur ihre fundamen-
tale und großartige „Schlüsselstellung" zwischen Kunst und Technik ge-
nommen werden, aus welcher heraus sie beide Teile so entscheidend be-
fruchtet hat? Warum soll einer historischen Ueberlegung zuliebe die Si-
tuation der Gegenwart so schief gesehen werden? Gtr.

Eine Monografie über Lois Welzenbacher.

Monografien über lebende Architekten gehören in der Regel zu den
peinlichsten Angelegenheiten der Bau-Literatur. Sie sind meist nichts
anderes wie verkappte Annoncenhefte, die wahllos alles bringen, was
der „Meister" geschaffen hat, und fast immer findet sich ein befreundeter
Schriftsteller, der den panegyrischen Text dazu schreibt. Es ist gut, daß
Guido Harbers, der Herausgeber der ausgezeichnet informieren-
den Zeitschrift „Der Baumeister", mit dieser Monografie Welzenbachers
einen neuen Weg zu gehen versucht: Er schildert die Arbeiten und Pro-
jekte aus den zwölf Jahren 1919—31 „als Beispiel eines Entwurfsseminars"
(Verlag G. D. Callwey in München). Er gibt also für jede wichtigere Arbeit
eine Art bauwissenschaftlicher Analyse, und das sichert dem sehr an-
genehm gedruckten Band seine Ernsthaftigkeit.

Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, daß diese Monografie reich-
lich früh gekommen ist. Niemand wird Welzenbacher eine große Origina-
lität, eine fantasievolle Beherrschung der architektonischen Möglichkeiten
absprechen, und daß er das Glück gehabt hat, schon früh reiche
Bauherren zu finden, deren Wohnhäuser mitten in den tirolischen und
bayrischen Bergen entzückend aussehen, bedeutet zweifellos einen ver-
dienten Erfolg. Allein — müßte man für eine Monografie nicht noch etwas
mehr erwarten? Welzenbacher ist seit 1929 Stadtbaudirektor in Plauen
i. V., er wird also eine besondere Gelegenheit haben, in einer von den
heutigen Nöten schwer heimgesuchten Umgebung die Tragfähigkeit
seiner reichlich romantischen Ideen zu erproben,und gerade diesesResul-
tat konnte das zu früh erschienene Buch noch nicht geben. Es ist auch
nicht damit getan, daß Harbers in seinen kurzen Begleittexten gegen die
„bisherige ofizielle moderne Richtung" polemisiert und die Erwartung
ausspricht, daß im Wohnungsbau gerade durch Architekten von der Art
Welzenbachers „die öde Gleichmacherei nebeneinander ausgelegter
Massenwohnungsblöcke" durch „liebevollere Differenzierung" ersetzt
werden würde. Ich meine, daß angesichts der sehr eindeutigen, ver-
zweifelt ernsten Situation des heutigen Bauens, wie sie Welzenbacher
gerade im Vogtland vorfindet, solche Gartenlaube-Argumente am Ziel
weit vorbeigehen, und daß jetzt alles darauf ankommt, die wirklichen
Talente, zu denen Welzenbacher zweifellos gehört, zu einer ernsthaften
systematischen Ueberwindung der großen Krise zusammenzufassen. Gtr.

Von der Not der Zeitschriften.

Das „Kunstblatt" (Leiter Paul Westheim) erscheint seit Neujahr als
ein etwas dünner Anhang zur „Form" (im gemeinsamen Verlag Recken-
dorf). Wir bedauern, daß die einstige starke Haltung und Courage dieses
Blattes seit einiger Zeit zu versiegen droht. Die Gefahr jeder Zeitschrift,
mit einer bestimmten Bewegung aufzuflammen und mit ihr unterzugehen,
wird hier offenkundig.

„Kunst und Künstler" (Leiter Karl Schettler) haben ihr Format
stark verkleinert, und nicht zu ihrem Vorteil. Wäre nicht die Persönlichkeit

Schefflers, die dieser Zeitschrift ein völlig persönliches Gepräge gibt, so
wäre auch hier die bewußte, sehr gepflegte Verengung des Programms
auf die Dauer schwer zu ertragen (Verlag Bruno Cassirer, Berlin).
„Plans", die ausgezeichnete Pariser Zeitschrift, die von Hubert Lagar-
delle herausgegeben wird und alle Gebiete in ihr Reformprogramm ein-
schließt, erscheint seit Mitte April zweimal im Monat in geringerer Stärke
und geringerer Aufmachung. Hoffentlich bedeutet diese Vereinfachung
eine Erleichterung der Verbreitung, wie man sie diesem, ganz der kul-
turellen Verständigung gewidmeten Organ wünschen muß.
„Die lebendige Stadt", die bekannte „Zweimonatsschrift der
Stadt Mannheim", die unter betonter Beschränkung auf lokale Arbeiten
von der Mannheimer Stadtverwaltung herausgegeben und von Dr.
E. Strübing geleitet wurde, stellt ihr Erscheinen ein. Sie kann sich darauf
berufen, daß sie ihren Zweck erfüllt hat, den Ruf Mannheims, als einer
lebendigen, modernen Stadt weitherum verbreitet zu haben. Gerade in
diesen Tagen, in welchen die Mannheimer Kunsthalle ihr 25jähriges Be-
stehen feiert und man viel von den neuen Mannheimer Erwerbslosen-
Siedlungen spricht, darf von den kulturellen Leistungen der Stadt mit
besonderem Nachdruck gesprochen werden. Gtr.

Hans Kampffmeyer t-

Am 28. Mai ist der Generalsekretär des Internationalen Verbandes für
Wohnungswesen, Dr. Hans Kampffmeyer, im Alter von 56 Jahren unerwar-
tet verstorben. Wir beklagen aufs Tiefste den Verlust dieses Mannes, der
in den Kreisen der Wohnungsreformer eine Lücke hinterläßt, die gerade
in diesen Monaten, wo alles in einer tumultuarischen Umwandlung begrif-
fen ist, überaus fühlbar sein wird.

Als Kampffmeyer vor 4'A Jahren die Sezession des Verbandes für
Wohnungswesen von dem alten Internationalen Verband für Städtebau
und Wohnungswesen (Sitz London) vollzog und dank dem Entgegen-
kommen der städtischen Behörden in Frankfurt die Zentrale der neuen
Organisation aufbaute, da konnte er auf eine sehr fruchtbare Tätigkeit in
Karlsruhe und Wien zurückblicken. Es hat damals nicht an Stimmen
gefehlt, die diese Neugründung skeptisch beurteilten und die Trennung
der Instanzen bedauerten. Allein es zeigte sich bald, daß die andere
Art der Entwicklung des Wohnungsbaues auf dem Kontinent auch eine
andere Problemstellung in den Gebieten der Wohnungsreform wünschbar
machte, und daß eine vorübergehend getrennte Behandlung der Dinge
beiden Gesellschaften förderlich war. Als sie letzten Sommer ihre jähr-
lichen Kongresse gemeinsam in Berlin abhielten, da schienen sich die
Standpunkte einander wieder anzunähern, und es ist wohl zu erwarten,
daß der beklagenswerte Tod Kampffmeyers auch die Frage der organisa-
torischen Annäherung wieder von neuem beleben wird. Wir wollen
hoffen, daß bei einer solchen Annäherung die Frankfurter Zentrale als
eine Art „Kontinentalen Büros" erhalten bleibt, denn der oben erwähnte
Grundgedanke in Kampffmeyers Arbeit ist durch die wirtschaftlichen und
sozialen Umschichtungen der letzten Zeit gerade in Deutschland in
stärkster Weise bewahrheitet und gestützt worden. Wir drucken in
diesem Hefte (S. 38) einen Bericht aus Polen ab, der beweist, wie eminent
wichtig eine fortschrittliche Bearbeitung aller dieser Fragen von einer den
Dingen möglichst nahestehenden Zentrale aus auch in Zukunft sein wird.
Kampffmeyers Name ist mit einer Reihe von Publikationen über
Wohnungsreform aufs engste verknüpft. Die Zeitschrift seines Verbandes,
„Wohnen und Bauen", die seit vier Jahren als dreisprachiges Organ
erscheint, hatte sich unter seiner Leitung sehr entwickelt, und die Kon-
greß-Publikationen, über den Stand des Wohnungsbaus in den einzelnen
Ländern, gehören zu den wichtigsten Materialsammlungen des Gebietes.
Hoffentlich gelingt es dem Verband, sie auch weiterhin fortzusetzen.

Gtr.

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