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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Arbeit der Städte
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Arbeit der Städte

Köln a. Rh.

Nachdem sich heule Köln darauf beschränkt, den großen Apparat in Gang

zu halten, der in den Jahren 1927 30 dem Bau allzu großer aber immerhin >-p -mj |gw|Mg|MHijj)||h2MllS

zahlreicher Mietwohnungen zur Verfügung gestellt wurde, kann man jener

27 Zeit nicht nachtrauern, als man mit großen Mitteln der Vorstellungswelt ■H^^^^^^^^^^^^^^^^fc«

Schulbaracken im Kalkerfeld. städtebaulicher Halbbildung gerecht zu werden versuchte. Das Experi- 29

Ecole en barraquements ment, die private Bodenspekulation überzuleiten zur kommunalen Boden- Katholische Kirche im Kalkerfeld,

au Kalkerfeld. Spekulation mag wohl dem Kölner Liegenschaftsamt große Gewinne Eglise catholique au Kalkerfeld.

School-barracks in the Kalkerfeld. eingebracht haben, aber sonst brachte es auf der ganzen Linie Verluste. Roman catholic church

Immerhin hat man einiges gelernt, denn aus der Verlegenheit, mit der jn the Kalkerfeld,
man sich damals über die Siedlungen Zollstock und Kalkerfeld hinweg-
schwieg, ist offenherziger Stolz geworden, indem man heute das als
„Mustersiedlung" bezeichnet, was man sich damals gerade noch gefallen
ließ. In Kalkerfeld steht die hier abgebildete Kirche, in deren Vorder-
grund sich eine Baugrube auftut, die, vielleicht aus Gründen der Symme-
trie, der Anfang eines werdenden Gemeinschaftshauses sein soll. Die
Verwaltung der Siedlung Kalkerfeld widmet sich diesem Projekt mit
besonderer Vorliebe, obschon es niemanden danach gelüstet und
obschon die notwendige Voraussetzung: „Die Gemeinschaft" fehlt. Im
Hintergrund der Kirche aber im freien Feld, schamhaft hinter Häuserzeilen

28 verborgen stehen einige primitive Schulbaracken. Dieser Tatbestand
Neue Volksschule in der Altstadt. wird kaum für Köln allein charakteristisch sein. Aber immerhin ist er 30

Une nouvelle ecole primaire symptomatisch für Vieles, was in dieser Stadt geschieht. Geben wir zu, Katholische Kirche in Köln-Riehl,

dans le quartier ancien. daß bei Anlage dieser Schule die gesunde Lage mitten im grünen Eglise catholique ä Cologne-Riehl.

A new elementary school Gemüse als Nebenprodukt wertvoll in die Erscheinung trat. Aber allzu- Roman catholic church

in the old quarter. kühn wäre die Annahme, daß hierbei bereits neuere Schulideen wirksam at Cologne-Riehl.

gewesen seien. Diese in der an sich schon gut durchlüfteten Siedlung
Kalkerfeld erstmalig in Köln zu verwirklichen, wäre auch in der Tat
weniger wichtig gewesen als etwa die neue Schule am Griechenmarkt
(ebenfalls hier im Bild festgehalten) mitten in einer Altstadtverfilzung in
eine Reihe von Schulaggregaten aufzulösen.

Ein nicht minder sozial ungünstiges Bild bietet die neue Kirche in Riehl.
Eine an sich nur ästhetisch wertbare Loyalität der Kirchenbehörde ließ
hier einen Baumeister eine Bauidee verwirklichen, die ihm ohne Zweifel
Freude bereitete. Sie verringerte indessen nicht die Kalamität des zeit-
genössischen Kirchenbaus, sondern sie machte sie erst recht sichtbar.
Sie liegt in einem mit behelfsmäßigen Wohnbaracken ausgefüllten vor-
städtischen Brachland in einer Umgebung, deren soziale Bedürfnisse ohne
Zweifel auf anderes als auf Kirchenexperimente gerichtet sind. Eine
ungeheure Diskrepanz wird hier sichtbar, die doppelt peinlich Mittel und
Zweck auf ewig trennt. Hier steht also ein soziales Instrument, das
niemand mehr meistert und nach dem es den in den Baracken unter-
gebrachten Erwerbslosen nicht verlangt.

Das Kunstgewerbemuseum, die Kölner Werkschulen und der Kölnische
Kunstgewerbeverein veranstalteten unter der Regie von Karl With eine
außerordentlich glückliche Thorn-Prikker-Gedenkfeier, die am 6. Juni
unter rednerischer Mitwirkung von Dr. Karl With, Pfarrer Dos. Geller,
Dr. Hoff und dem holländischen Jugendfreunde Th. Prikkers Dr. W. J. H.
Leuring (Nymwegen) stattfand. Gedenkfeiern haben leicht etwas pein-
liches an sich. Fast immer sind sie langweilig. Diese war es nicht. Was
der Freund Thorn Prikkers, Dr. Leuring, zu sagen hatte, war von wunder-
barer Aktualität. Allen Herren und Damen, die dahingekommen waren,

um sich bestätigen zu lassen in dem Bewußtsein: „er war unser" wurde
ein Künstler offenbart, der sein lebenlang revolutionierte gegen ver-
moderten Inhalt und gegen vermoderte Form, dem der Kampf gegen die
Gesellschaft so heilig war wie sein Kampf gegen die Formen, die sie
erzeugte. In schweren gewichtigen Sätzen entrollte sich das Bild eines
Menschen, dem es erst dann an bürgerlicher Anerkennung nicht mehr
mangelte, als man ihn in seinem bekennerischen Rebellantentum miß-
verstand. „Von tiefer Religiosität erfüllt!", alle sprachen es aus, aber alle
von einem anderen Standpunkt aus. Bis dann sein Freund das
schummerige Dunkel erhellte, und Thorn Prikkerin sakralem Glanz einer
Jugend zeigte, die so reich an Substanz war, daß sie ein Menschenwerk
bis an das Ende erfüllte.

Man ist Karl With, dem Initiator und Organisator des neuen Kölner Kunst-
gewerbemuseums auch für diese erfrischende Feier Dank schuldig.

X. Y.

Krefeld

Die neue Schule für textile Flächenkunst.

In Verbindung mit den in Krefeld schon bestehenden höheren Fach-
schulen für die Textilindustrie ist mit Beginn des Jahres 1932 eine höhere
Fachschule für textile Flächenkunst gegründet worden. Die Leitung wurde
Johannes Itten übertragen, der früher am Bauhaus Weimar lehrte
und seit einigen Jahren eine private „Kunstschule Itten" in Berlin leitet,
die auch jetzt, unabhängig von Krefeld, weitergeführt wird.
Die Schule ist völlig nach den unsern Lesern bekannten pädagogischen
Grundsätzen von Johannes Itten aufgebaut. Zum ersten Mal wohl findet
sich in einem staatlichen Schulprogramm folgende Ankündigung: „Bei
der Unterrichtsdarbietung und der Lehrweise wird der schöpferische

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