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Die neue Stadt: internationale Monatsschrift für architektonische Planung und städtische Kultur — 6.1932-1933

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Fröhlich, Erich: Stuttgarter Kunst und Männer
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https://doi.org/10.11588/diglit.17521#0295

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Pankok, der langjährige verdienstvolle Leiter der Kunstgewerbeschule ist
Reformer auf diesem Gebiet. Als Maler und besonders auch als Architekt zu
nennen. Dem Lehrkörper seiner Schule würde allerdings heute weiter eine
stärkere Auffrischung nach der modernen Richtung hin guttun.

Waldschmidt, ein orginaler Maler und Bildhauer; besonders bekannt durch
seine Reliefs.

Der Bildhauer Otto Baum, ein starkes Talent, geehrt durch einen Ankauf der
Nationalgalerie und prämiert von P. Westheim — leider in seiner Heimat
unbeachtet.

Der Bestand unserer Bildergalerien ist nicht reich an bekannt großen Quali-
täten, ausgenommen die alten Altäre. Von der Versäumnis der Boisereeschen
Sammlung an, hat man nicht aufgehört zu versäumen. Leibi, Trübner, die als
Geschenke in die Galerie kamen, Marees, unsere Perlen, werden erdrückt von
dem Wust der mittleren Qualität. Unter Hölzeis Einfluß wurde ein ausgezeich-
netes Bild von Monet erworben. Es ist wahrscheinlich die beste impressioni-
stische Landschaft, die es gibt. Manet, Van Gogh, Cezanne, Picasso wurden
nicht angekauft als sie in Ausstellungen zu 500 Mark das Stück zu haben waren
(Aera Haug!).

Es ist die alte Tragik, daß Echtes meist als kraß empfunden wird, wenn es auf-
tritt. Die Stimmen der Unberufenen unter den Berufenen haben leider meist
das Uebergewicht, wenn es gilt, ein aktives Kunstwerk zeitig und wohlfeil
anzukaufen. Wenns nachher in die Tausende geht, wäscht sich jeder seine
Hände in Unschuld.

Dem Galeriedirektor Dr. Braune möge es gelingen, einen modernen Saal ein-
zurichten, damit der Anschluß von der Tradition zum Heutigen nicht wieder
abreißt und das Publikum in der Tat als Betrachter von Kunst zum einfachen
Schauen richtig erzogen wird und sich von der Ueberschätzung des Illusioni-
stischen abkehrt. Mag ein solcher Saal zunächst Widersprüche ergeben, Wider-
spruch ist besser als Langeweile, und der daraus folgenden tödlichen
Passivität. Die Besucher werden zahlreicher kommen, man wird diskutieren,
das Interesse ist geweckt. Ein Saal im Kronprinzenpalais mit Bildern von Klee,
Feininger, Max Ernst, und abstrakten Bildern von Holzel und den entsprechen-
den Bildern von Ansässigen und Schwaben und was noch sonst dazu gehören
mag. Gelegentlich erwerbe man Graphik oder Aquarelle von Ausländern und
gliedere diese ein. Ein solcher Raum ergäbe einen Auftrieb für das Kunstleben
der Stadt. Er wäre auch als herbeigeholte beste Konkurrenz ein Ansporn für
die Stuttgarter Künstler, sei es auch zur zwingenden Selbstkontrolle.

Ein zweiter Saal mit Marc, Nolde usw. müßt ebenso klar herausgestellt werden.
Wer die neuere schwäbische Kunst studieren will, dem sei die schöne und
umfangreiche Privatsammlung Hugo Borst (Gähkopf 3) empfohlen. Hier sind
außerdem Klee, Pascin, Utrillo, Hofer, Nolde, Kirchner, ein sehr schönes
Pastellbild von Picasso und eine ausgezeichnete Sammlung schweizer Maler
zu sehen. Dazu sehr schöne Plastiken.

Die Stadt besitzt ein Völkerkundemuseum, das Lindenmuseum, ein Instistut
allerersten Ranges mit einzigartigen Stücken. Sein Bestand ist rein zahlen-
mäßig schon enorm. Mögen es die Finanzen der Stadt zulassen, die unersetz-
lichen Stücke der Kunst alter Kultur und primitiver Völker uns zu erhalten. Im

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