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Neuenheim College <Heidelberg> [Hrsg.]
Der Neuenheimer: the magazine of Neuenheim College, Heidelberg, Germany — 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.11276#0004
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Wir wählen unter tier langen Reihe von Pfalzgrafen nur die
aus, welche in der einen oder anderen Weise sich um die Stadt
Heidelberg selbst verdient gemacht haben und unter diesen vor allen
Ruprecht L, den Stifter und Gründer der Heidelberger Universität,
der ältesten des deutschen Reiches überhaupt. Gestiftet wurde diese
„Alma mater" bereits im Jahre 1356, trat jedoch erst im Jahre 138G,
nachdem sie das Jahr zuvor die päpstliche Bestätigung erlangt hatte,
ins Leben. Daher kommt es denn auch, dass wir erst im nächsten
Jahre, i. c. im Jahre 1S86 das 500jährige Stiftungsfest der Universität
feiern werden.

Ludwig III. hielt, als oberster Richter des Landes, den Papst
Johann XXII. in Gefangenschaft und hatte das Todesurtheil an
Johannes Huss, dem grossen Reformator, zu vollstrecken.

Der populärste unter allen pfalzgräflichen Fürsten war Friedrich I.
(1449—1476); von seinem Volke der „Siegreiche", von seinen Feinden
der „verrückte Fritz" genannt. Nachdem er alle seine Feinde be-
siegt und Ruhe und Frieden im Innern und nach Aussen hin wieder-
hergestellt hatte, wurde er, seinem Befehle gemäss, in dem ärmlichen
Gewände eines Büssenden in einer Kapuzinerkapelle beigesetzt.

Sein Nachfolger war Philipp der Aufrichtige (1476—1508). Er
zog berühmte Männer an seine Universität, wie Reuchlin, Dalberg,
Agricola, und erlangte dadurch einen Einfluss, der weit über die
Grenzen seiner Pfalz hinausging und im gesammten gebildeten
Deutschland gefühlt wurde.

Ihm folgte Ludwig V. (1508—1544), welcher gegen Franz von
Sickingen und die aufrührerische Bauernschaft energisch einschritt,
sonst jedocli ein äusserst friedliebender Fürst war und lieber durch
die Werke des Friedens als des Krieges glänzen wollte.

Während seiner Regierung hielt Luther 1518 in Heidelberg eine
Disputation, wobei er in dem erst kürzlich abgerissenen sogenannten
„Lutlierhäusclienw, an der Chaussee nach Handschuhsheim gelegen,
gewohnt haben soll.

1546 wurde die Reformation in Heidelberg eingeführt und haupt-
sächlich gefördert durch den letzten der alten Kurfürsten: Otto
Heinrich (1556 — 1559), den feingebildeten Kunstkenner, den Sammler
der berühmten Bibliotheca Palatina, den Erbauer des nach ihm be-
nannten Theiles des Heidelberger Schlosses.

Friedrich III. (1559—1576) war der Mann, welcher durch seine,
energische Einführung der Reformation und sein kühnes Vorgehen
gegen die Katholiken zu Augsburg, durch den sog. Heidelberger
Katechismus und durch ein Asyl, welches er den aus Frankreich
vertriebenen Hugenotten gab, eine zeitweilige äussere Grösse über
die Pfalz und deren Hauptstadt Heidelberg brachte, der aber dadurch
auch wohl den Grund für die späteren Demüthigungen und Unglücks-
fälle legte.

Friedrich IV. (1592—1610) erbaute den sog. Friedrichsbau, und
unter der Regierung seines Sohnes Friedrich V., beginnt nun die
lange Reihe von Belagerungen und Zerstörungen Heidelbergs, welche
die blühende Stadt mehr als einmal dem gänzlichen Untergange
entgegenzuführen drohten, und deren Beschreibung wir einen be-
sonderen Abschnitt in unserer nächsten Nummer widmen zu müssen
glauben.
 
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