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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1907

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Der Kratz
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https://doi.org/10.11588/diglit.43211#0009
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DER KRATZTURM.


zwei einzel -
nen Fenstern.
Daher hatten
sie nur eine
Wohnung, d.
h. nur eine
Küche, wel-
che, im Innern
gelegen, das
Licht von
einem Fenster
in der Hinter¬
wand der
Stube, häufig
auch vom Eh-
graben erhielt.
Selbstver-
ständlich hat-
ten auch Ab-
tritte nur Licht
von da. In
diesen stin -
kenden, luft-
losen Woh-

nungen lebten
die Leute und zwar oft sehr vermögliche, die es besser hätten haben
können. Es war das eigene Haus, und wer zur Miete wohnte, wenn
auch noch so schön und bequem, galt nichts, war kein echter Bürger;
seinem eigenen Heim, dem elterlichen Erbteil zulieb, brachte man die
grössten Opfer. Nur wenige Wohnungen hatten mehr als zwei Stuben
mit Holzböden, die andern Räume waren mit „Plättli“ oder Flamm-
ziegeln belegt. Ich erinnere mich nicht, je einen andern Teppich
gesehen zu haben, als Strohgeflecht. Luft war kein Artikel, der be-
achtenswert gewesen, und gelüftet wurde nur an jenen zwei Tagen
im Herbst und im Frühjahr, wenn die Vorfenster ein- oder aus-
gehängt wurden. Für jemand, der so empfindliche Geruchsorgane
hat wie ich, war der Besuch dieser Häuser eine Qual, denn es gibt
keinen Konsumladen oder Drogeriemagazin, das in widerwärtigen
 
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