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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1911

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Das Kunsthaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.43215#0055
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Ausdruck des Innern und des Materials, das zum Bau verwendet wurde.
Aber vie jede Menſchengeſstalt oder jeder Menſch nicht nur eine unbe-
wegliche Form bildet, ſo wenig bietet eine Faſſade lediglich nur lebloles
Material; die Arbeit des Architekten iſt es, das tote Material zum leben
zu erwecken. Der ſeeliſche Ausdruck muß ſozulagen auch aus den Steinen
leuchten, und das geſchient durch die Perteilung der Malſen, durch die
Perteilung von Licht und Schatten innerhalb der bestenenden Möglich-
keiten und durch die richtige Wahi und Placierung des Schmuckes, eines
viellagenden Schmuckes », Und dann vird hingevieſen auf die Bedeutung,
die der DPlaîtik am Kunsthaus zukommt : «es ilt der Verſuch gemacht, die
Plastik wieder in organischen Zulammenkang mit der Architektur zu bringen
und lie als ein Stück Architektur erſcheinen zu laſſenn. Und mit der
schönen Zuver=ſicht des Künlſtlers, der Ieiner Sache licher iſt, fügt Karl
Moſer bei: «Es kann kein Zweiktel darüber beſtenen, dat nach Pollen-
dung des Hauſes die Hoffnungen auf den großen Zulammenklang der
beiden Künlte Tich erfüllen werdenv.

Bis dieſer plaſtiſche Schmuck vollîtändig angebracht iſt, Iollte billiger-
weile das endgiltige Urteil über die Faſſaden ſich gedulden. An den
Statuen, die bereits in den Niſchen zwiſchen den paarveile den erſten
Stock des Husîtellungstraktes gliedernden Säulen aukgeltellt worden lind,
kann man heute ſchon ſlehen, was für eine Bedeutung ihnen als orga-
nischer, nicht willkürlicher Schmuck des Äußern zukommt, wie ſie zur geilt-
und beziehungsreichen PVerſtärkung der die Faſſaden erfüllenden keinen
Rhythmik dienen. Und für den Hauptbau, in dem der Eingang in das
Sebäucde liegt, gilt dasſelbe : die obere Partie über den Fenîtern, die vie
eine mächtige Attika um den Bau ſich hinzieht, wird durch die gewaltigen
zehn Reliefplatten, eine Hrt moderner Metopen, erît die entſcheidenden
AHccente empfangen. Es wird geviſſermaßen IMlelodie in dielen zurzeit
noch faît abweilend Itrengen dominierenden Hauptbau kommen. « Der
Säulenſchaft, auch die Triglyphe klingt, ich glaube gar, der ganze Tempel
ſingt» ~ heißt's im « Fauſt». Etwas von dielem Klingen und Singen wird,
wenn einmal der letzte plaſtiſche Schmuck eingefügt iſt, vom Äußern des
Kunſthauſes ausgehen.

Diele ungewöhnlich zahlreichen plaſtiſchen Bestandteile des Baues
gleich mit einem Schlag zur Realität werden zu laſſen, geſtatteten die
Mittel der Kunltgelellſchaft nicht. Aber gerade da ſind ihr edle Mäcene
erſtanden, die auch in dieler Form dem neuen Bau ihr Intereſſe und ihre
Sympathie kund zu tun lich zur Ehre machten. Als das Haus einge-
weiht ward, lah man ſich der angenehmen Tatiache gegenüber, daß von
 
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