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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.43217#0028
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22

mit allem was ich ansing, zuletzt waren gewöhnlich blos} noch die Knochen
übrig. Hus den Vorwurs des ITleihers, dasj ihm doch nichts springe, zeigte
ich ihm boshast eine Stelle aus seinem Illadonnenbild, die ich beobachtet
hatte, als ich, wie ost in seiner Abwesenheis, vor seinen Bildern ssand.
Es war wirklich auch eine abgesallene Stelle, er musste es selbit zugeben.
Die Cempera wurde aber nie ganz ausgegeben, sie wurde zur Untermalung
beibehalten. Von den Farben musjte ich ihm nur noch Bleiweisj in Firnis
reiben, und zwar hatte er an einer kleinen Dube ein halbes 3ahr oder
noch länger genug.
slach zwei sahren empsand ich die Sehnsucht sehr isark, wieder ohne
die Einrede irgend eines, und selbss dieses grosjen Geistes einmal aus mir
heraus etwas zu unternehmen und auch zu Ende zu bringen, denn die
ganze Zeit über haste ich bIoF$ eine kleine handschass und einen Karton
ohne des Uleissers Eingreisen zeitig genug bei Seite schassen können, nicht
dasj ich daraus meinem verehrten ITleisser auch nur den leisessen Vor*
wurs machen wollte, im Gegenteil, ich kenne keine Grenze des Dankes
sür ihn: denn ich hätte aus der ganzen Wels vergeblich einen zweiten
solchen ITleister suchen können, und was einem Autodidakten verloren geht,
Unwiederbringliches, das kenne ich vom Radieren her. Sch zog mich also
ums neujahr 1891 herum wieder in mein Stübchen zurück und lernte wieder
langsam aus den eigenen Beinen liehen, wobei ich ost die merkwürdigen
Purzelbäume machte, meine Besuche beim ITleister wurden wieder seiten,
denn ich [seilte mir immer vor, ich Höre ihn an der Arbeit. Dann kamen
die Schlagansälle und die Übersiedelung nach Usalien. —
Die siandrchass, von der Welsi hier spricht, iss die ßirscfijagd, von welcher
aus der Zürcher Ilachla^ausssellung eine Sepiaskizze (Abbildung 6) zu sehen
war — ein lustiges, sarbensrohes Bild, noch ganz im Geilte Böcklins kom*
poniert und gemalt. Es iss wohl der beite Beweis dasür, wie richtig er
sühlte, dasj sich jetzt sein Weg von dem des ITleissers trennen müsse, wolle
er zu einem eigenen persönlichen Stile kommen, wolle er sein Eigenes
auch aus eigene Art zum Ausdrucke bringen.
Auch sür das Verhältnis zwüchen hehrer und Schüler war es belser,
dasj sich ihre Wege trennten. Während der Sunge bei aller Verehrung eben
doch seine eigene ^Individualität wahren wollte und dem übermächtigen
und krisischen hehrer in der lebten Zeit so gut wie nichts mehr von seinen
Arbeiten zeigte, sah dieser darin ein üachlassen der Produktion und begann
[chwankend zu werden im guten Urteile über den Schüler — kurz es war
Zeit, dasj Welsi das Böcklinsche Atelier verlies} und seine Werkssass wieder
im elterlichen ßause ausschlug.
 
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