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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.43217#0035
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ssuch eine andere Skizze, ein raich in Wassersempera hingessrichenes
Selbstbildnis, ist eine harke Calensprobe sür sein rein maierisches Können.
Der zurückgelehnse Kops iss breit und slächig angegeben, während in der
Farbe die graurosen Fleischsöne lehr schön aus dem ssumpsrosen Grund
slehen, wozu das Schwarzblau der ßalsbinde, das Weis} des Kragens und
das Braun des Rockes sein slimmern Eine so skizzenhasse Arbeit genügte
aber seinen ssnsprüchen an ein Kunstwerk nicht; es mus}se sür ihn zeich-
nerisch und sarbig gleich vollendet sein. So wäre es ihm auch nie ein*
gesallen, eine solche Studie, auch wenn sie noch so srisch in der Farbe
war, auszustellen; er schenkte sie einem Kollegen und dadurch iss sie in
diesem skizzenhassen, slotten Zussande erhalten geblieben.
Da er seine eigenen Arbeiten nicht verkausen konnte, kopierte er
aus Bessellung eines amerikanischen Kunsthändlers Böcklins «Frühlings
Grwachem» im Künstlergus. Ein deusscher ßerr iah ihn im ßerbss 1892
daran arbeiten, kam mit ihm ins Gespräch und begann sich sür ihn zu
inseressieren. Er besuchte ihn zu Sause, besah mit Vergnügen seine ssr-
beiten und erwarb Verschiedenes; auch die Kopie von Frühlings = Erwachen
ging später in seinen Besisz über. Er lies} Welsi dann nach Gombremons
kommen, um sich hier während seiner Kur von ihm malen zu lassen (aus
der gleichen Zeit stamms die Bildnisradierung Abbildung 9) und sand
solchen Gesallen an der Kunss und der liebenswürdigen, treuherzigen
Art des jungen ITlalers, dasj er sich entschlos}, die nächssen 3ahre sür ihn
zu sorgen. Der ITläcen war Franz Rose aus Osspreusjen, Rissergussbesis}er
und Rlajoratsherr aus Doehlau, ein 3unggeselle, der neben der Bewirsschas*
tung seiner Güter noch weitere Snseressen haste, viel reiste und namentlich
sür Italien schwärmse. An ihm hat Welsi in dieser krisischen Zeit, in der
in seiner Vaserssads sich niemand um ihn kümmerte, eine Unserssüszung
gesunden, die ihm moralisch und materiell von höchsser Wichtigkeit war.
nun konnte er sich endlich in seiner Kunss sreier und sorgloser entwickeln
und am Ende sogar auch ans Seiraten denken, denn eine Braut haste er
ja auch schon. «Schau, man mul} nur erss einmal einen Schatz haben, dann
geht’s einem schon belser», schreibs er vergnügt einem Freunde (24. Feb-
ruar 1893).
Dieser Schas} war Emeline Wildbolz, ein junge Solothurnerin, die da*
mals mit ihren Elsern in Zürich wohnte und sich an der Kunstgewerbe*
schule ausbildese. Lebenssreudig und temperamentvoll, musikalisch und
voller Snseresse sür Kunss, dabei einsach und häuslich erzogen, versprach
sie die richtige Lebensgesährtin sür ihn zu werden. Shr Portrais aus dem
5ahre 1892 zeigt ihre sympasischen Züge, mit den klug blickenden Augen.
 
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