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Zürcher Kunstgesellschaft [Hrsg.]
Neujahrsblatt / Zürcher Kunstgesellschaft — 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.43224#0027
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dieser feierlichen oder traulich-häuslichen
Idyllen und dem vollen Zusammenklang
aller Tafeln so geschlossen werden darf
(Taf. XIV des Kataloges). Der heilige Se-
bastian ist ein raffiniert und zärtlich ge-
malter Akt; das weiße, goldgestickte Len-
dentuch paradiert, als ob es fiir sich selber
da wäre; die Schützen, einer kriegerischer
als der andere, wollen einer es dem an-
dern an Gefährlichkeit zuvortun (Abb. 32).
Sattheit und Geschmeidigkeit der Darbe,
malerische Pflege der Einzelform ver-
bindet Fries oft mit tönender, fast
prahlerischer Überschwänglichkeit.
Das ist alles anders bei Niklaus
Manuel. Seine Äußerung ist Kraft und
Lebensdrang. I11 dem Frühwerk des malen-
den Lucas erscheint für einmal noch ein
Aufblick zu Fries in der Erinnerung an
dessen schönen Johannes. Bald wird er
diese Schwäche abgeschüttelt haben. Schon
dieser Lucas ist nah und scharf angefaßt,
Figuren von solcher innerlicher Gespannt-
heit

Abb. 32. Hans Fries. Martyrium, des hl.
Sebastian. Alte Pinakothek, München.


Abb. 33. Meister B S. Martyrium, des hl.
Sebastian. B. 157.


kennt Fries nicht, und die Wochenstube
schwingt in Betriebsamkeit und mannig-
faltiger Bewegung, wo Fries sie in milde
Stille versenkt.
Das Johannesbild (Abb. 36) trägt
sich dem Beschauer nicht an, mit blanken
Farben und aufgeräumter Bühne. Eher
lockt es durch geheimnisvolle Tiefe;
Gold, Braunrot, Gelbbraun, Grünblau,
Fahl weiß, Tief rot, Schwarz sind wohl
vornehme, aber nicht eben freundliche
Harmonien. Der Henker hat sein Ge-
schäft getan, der Körper des Täufers
liegt, mit nackten Beinen, vornüber,
quer über die Breite der Tafel, ein häß-
licher Kadaver, der bleiche Nacken blut-
bespritzt. Der Henker setzt den triefen-
den Kopf des Heiligen in die von Salome
dargereichte Schüssel und sucht den Blick
der Fürstentochter. Ein Schädel, fast

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