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Kuglek’s prüfen. Er fagt: um der dringenden Bitte des Erz-
bifchofs von Mainz Folge zu leiften, «kam Bernhard felbß an den
Rhein, zwang Radulf, vom Predigen abzuftehen und dämpfte,
wenigftens dort, wo er perfönlich erfchien, die Wogen des Auf-
ruhrs. Einmal mit deutfchen Angelegenheiten befchäf-
tigt, im Reich anwefend und von Hoch und Nieder mit unbe-
grenzter Verehrung behandelt, fing er nun auch hier an,
das Kreuz zu predigen etc.». «Der heilige Bernhard
denkt nicht eher daran, die Deutfchen zum Kreuzzug
aufzufordern, als bis er, einem zufälligen Anftoß folgend,
mitten unter denfelben fich befindet; und in ähnlicher
Weife entwickelt fich feine fernere Thätigkeit . . . ftets aus den
nächften äußeren Antrieben1).» Mit diefen Worten wird es als
Zufall charakterifirt, daß Bernhard fich veranlaßt fand,-das Kreuz
zu predigen; es ift ein Vorgehen, das geradefogut hätte unter-
bleiben können, wenn nur die Unruhen — denn das war die
Hauptfache — gedämpft wurden. — Freilich, in diefem Fall
ift nicht abzufehen, wie Bernhard bereits im Sommer oder Herbft
1146 dazu gekommen fein follte, jenes Schreiben abzufenden2).
Ift das aber der richtige Connex der Dinge, wie wir ihn
foeben dargeftellt fallen?
Es ift wahr, daß Radule durch fein fanatifches Treiben die
Judenverfolgungen am Rhein hervorgerufen hat; aber man darf
nicht aus einem noch fo bedeutenden Accidens die Hauptfache
machen, man darf nicht vergehen, daß das erfte und haupt-
fächlichfte Beftreben Radule’s die Kreuzpredigt war, die er wol
zur gleichen Zeit wie Bernhard in Frankreich, auf eigene Hand
begonnen hatte. Wol der zehnte Theil der Bevölkerung nahm
von ihm das Kreuz; man begrüßte ihn als einen neuen Apoftel,
und feine Predigt, fein Verdien!! ward dem Bernhard’s gleich
geachtet: die Collier Chronik nennt als die Urheber des-Kreuz-
zuges Bernhard und Radulf in einem Äthern3). Kein Zweifel,
i) Anal. S. 48' u. 52. — 2) Anal. S. 49. — 3) annales Rodenses M. G.
SS. XVI, 718: insigniti sunt . . . quasi decima pars totius terrae. — Gesta
abb. Lobbiensium M. G. SS. XXI, 329: a novo quodam ut putabatur apostolo
Radulfo . . . verbuni Dei disseminabatur . . . nec minus eodem Studio
s._ memoriae venerandus b. Abbas Bernardus eodem tempore flagrabat. —
Ann. Colon, max. XVII, 761.
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Kuglek’s prüfen. Er fagt: um der dringenden Bitte des Erz-
bifchofs von Mainz Folge zu leiften, «kam Bernhard felbß an den
Rhein, zwang Radulf, vom Predigen abzuftehen und dämpfte,
wenigftens dort, wo er perfönlich erfchien, die Wogen des Auf-
ruhrs. Einmal mit deutfchen Angelegenheiten befchäf-
tigt, im Reich anwefend und von Hoch und Nieder mit unbe-
grenzter Verehrung behandelt, fing er nun auch hier an,
das Kreuz zu predigen etc.». «Der heilige Bernhard
denkt nicht eher daran, die Deutfchen zum Kreuzzug
aufzufordern, als bis er, einem zufälligen Anftoß folgend,
mitten unter denfelben fich befindet; und in ähnlicher
Weife entwickelt fich feine fernere Thätigkeit . . . ftets aus den
nächften äußeren Antrieben1).» Mit diefen Worten wird es als
Zufall charakterifirt, daß Bernhard fich veranlaßt fand,-das Kreuz
zu predigen; es ift ein Vorgehen, das geradefogut hätte unter-
bleiben können, wenn nur die Unruhen — denn das war die
Hauptfache — gedämpft wurden. — Freilich, in diefem Fall
ift nicht abzufehen, wie Bernhard bereits im Sommer oder Herbft
1146 dazu gekommen fein follte, jenes Schreiben abzufenden2).
Ift das aber der richtige Connex der Dinge, wie wir ihn
foeben dargeftellt fallen?
Es ift wahr, daß Radule durch fein fanatifches Treiben die
Judenverfolgungen am Rhein hervorgerufen hat; aber man darf
nicht aus einem noch fo bedeutenden Accidens die Hauptfache
machen, man darf nicht vergehen, daß das erfte und haupt-
fächlichfte Beftreben Radule’s die Kreuzpredigt war, die er wol
zur gleichen Zeit wie Bernhard in Frankreich, auf eigene Hand
begonnen hatte. Wol der zehnte Theil der Bevölkerung nahm
von ihm das Kreuz; man begrüßte ihn als einen neuen Apoftel,
und feine Predigt, fein Verdien!! ward dem Bernhard’s gleich
geachtet: die Collier Chronik nennt als die Urheber des-Kreuz-
zuges Bernhard und Radulf in einem Äthern3). Kein Zweifel,
i) Anal. S. 48' u. 52. — 2) Anal. S. 49. — 3) annales Rodenses M. G.
SS. XVI, 718: insigniti sunt . . . quasi decima pars totius terrae. — Gesta
abb. Lobbiensium M. G. SS. XXI, 329: a novo quodam ut putabatur apostolo
Radulfo . . . verbuni Dei disseminabatur . . . nec minus eodem Studio
s._ memoriae venerandus b. Abbas Bernardus eodem tempore flagrabat. —
Ann. Colon, max. XVII, 761.
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