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verhindern, daß eine concurrirende Predigt die von ihm ge-
wiesenen Bahnen durchbrach. Hatten doch die Erfahrungen des
erlten Kreuzzuges gelehrt, daß in der Willkür, in der Sponta-
neität der Predigt die Gefahr der Zerbröckelung des Ganzen in
zahllofe, an lieh fchwächliche Th eile, ja noch mehr, die Gefahr
der Entfeflelung wildefter Leidenfchaften begründet fei. Die
Bürgfchaft des Erfolgs feinen allein in der Concentration der
reichen Kräfte, in ihrer einheitlichen Leitung und Beherrfchung
zu liegen. Aber nun gefchah es, daß während Bernhard in
■Frankreich weilte — denn auf diefes Land befchränkten fich
ihm Vollmacht und Ablicht — in den Rheinlanden eine felbft-
ftändige Bewegung fich erhob, in rafchem Lauf von den Ge-
bieten des Niederrhein den Strom hinauf durch die glänzenden
Städte Mainz, Worms, Speier, Straßburg fich fortpflanzte. Ein
Cifterzienfermönch, Radulf, war dort erfchienen, eine Zeit lang
begleitet von dem Abt des Klofters Lobbes.: indem er afcetifche
Strenge in ferner Erfcheinung, tiefes geiftliches Wißen in feiner
Rede zur Schau trug, verfchaffte er fich Gehör, fammelte er fich
einen Anhang, der immer mehr anfchwoll unter feiner Auf-
forderung, die Feinde der chriftlichcn Religion, die Juden, nieder-
zumetzeln. Eine furchtbare Verfolgung bezeichnete feine Spuren
in den Städten rechts und links des Rheins — in multis Galliae
Germaniaeque civitatibus, fagt Otto —, fchon zeigten die ordent-
lichen Gewalten fich machtlos gegenüber dem fanatifchen Auf-
ruhr der Volksmenge. War aber der Anftifter diefes Treibens
nicht ein Mönch derfelben Ordensgemeinfchaft, der auch Bern-
hard angehörte? Es lag nahe genug, an ihn fich zu wenden,
fein Einfehreiten zu erbitten. Noch befitzen wir die Antwort1),
die er einem Gefach des Erzbifchofs Heinrich von Mainz er-
theilte; fie zeigt in den fchärfften Ausdrücken die Verdammung
Radulf’s, der durch fein Vagiren nicht minder den Geboten des
Ordens als durch feine Reden den ausdrücklichlten Kund-
gebungen der heiligen Schrift Hohn fprach. Aber keine Spur
in diefem Brief deutet darauf hin, daß Bernhard an ein per-
fönliches Eingreifen gedacht hätte.
Allgemeiner fpricht Otto von Freifing2) in diefem Zu-
9 Bern. ep. 365. — 2) I, 38. .
verhindern, daß eine concurrirende Predigt die von ihm ge-
wiesenen Bahnen durchbrach. Hatten doch die Erfahrungen des
erlten Kreuzzuges gelehrt, daß in der Willkür, in der Sponta-
neität der Predigt die Gefahr der Zerbröckelung des Ganzen in
zahllofe, an lieh fchwächliche Th eile, ja noch mehr, die Gefahr
der Entfeflelung wildefter Leidenfchaften begründet fei. Die
Bürgfchaft des Erfolgs feinen allein in der Concentration der
reichen Kräfte, in ihrer einheitlichen Leitung und Beherrfchung
zu liegen. Aber nun gefchah es, daß während Bernhard in
■Frankreich weilte — denn auf diefes Land befchränkten fich
ihm Vollmacht und Ablicht — in den Rheinlanden eine felbft-
ftändige Bewegung fich erhob, in rafchem Lauf von den Ge-
bieten des Niederrhein den Strom hinauf durch die glänzenden
Städte Mainz, Worms, Speier, Straßburg fich fortpflanzte. Ein
Cifterzienfermönch, Radulf, war dort erfchienen, eine Zeit lang
begleitet von dem Abt des Klofters Lobbes.: indem er afcetifche
Strenge in ferner Erfcheinung, tiefes geiftliches Wißen in feiner
Rede zur Schau trug, verfchaffte er fich Gehör, fammelte er fich
einen Anhang, der immer mehr anfchwoll unter feiner Auf-
forderung, die Feinde der chriftlichcn Religion, die Juden, nieder-
zumetzeln. Eine furchtbare Verfolgung bezeichnete feine Spuren
in den Städten rechts und links des Rheins — in multis Galliae
Germaniaeque civitatibus, fagt Otto —, fchon zeigten die ordent-
lichen Gewalten fich machtlos gegenüber dem fanatifchen Auf-
ruhr der Volksmenge. War aber der Anftifter diefes Treibens
nicht ein Mönch derfelben Ordensgemeinfchaft, der auch Bern-
hard angehörte? Es lag nahe genug, an ihn fich zu wenden,
fein Einfehreiten zu erbitten. Noch befitzen wir die Antwort1),
die er einem Gefach des Erzbifchofs Heinrich von Mainz er-
theilte; fie zeigt in den fchärfften Ausdrücken die Verdammung
Radulf’s, der durch fein Vagiren nicht minder den Geboten des
Ordens als durch feine Reden den ausdrücklichlten Kund-
gebungen der heiligen Schrift Hohn fprach. Aber keine Spur
in diefem Brief deutet darauf hin, daß Bernhard an ein per-
fönliches Eingreifen gedacht hätte.
Allgemeiner fpricht Otto von Freifing2) in diefem Zu-
9 Bern. ep. 365. — 2) I, 38. .