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Neumann, Carl
Die Weltstellung des byzantinischen Reiches vor den Kreuzzügen — Heidelberg, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.55108#0034
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II. Eroberungspolitik und Verjüngung des Reichs.

sechsten Jahrhunderts liest man, Romulus selbst habe es ge-
stiftet. Es war wie alle grofsen Hoffestlichkeiten durch die
Diners mit zahlreichen Einladungen und die damit verbundenen
kaiserlichen Geldspenden eine teuere Sache. Denn es dauerte
vierundzwanzig Tage, vom November bis in den Dezember
hinein, so viele als das Alphabet Buchstaben hatte. Die Ein-
ladungen zu Hof ergingen nach den Initialen, für jeden
Buchstaben ein Tag. Eine grofse Zeit für Musik und die
Gelegenheitspoesie und -rhetorik der Bettellitteraten k Kaiser
Romanos I. Lakapenos, der statt Konstantins VII., des legitimen
Herrschers, das Reich regierte, schaffte das Brumalienfest ab.
Kaum kam aber der Augenblick, wo die Hofpartei das Heft
in die Hand bekam, so wurde es in allem Glanz wieder-
hergestellt. Denn wie durfte man wagen, an einem Brauche zu
rühren, den die grofsen Kaiser Theodosios und Justinian geübt
(und der für so viele Leute eine Einnahmequelle bedeutete)!
Als der Reichsregent Friede machte mit den Bulgaren
und damit einer alten Sorge und Not ein Ende bereitete, es
deshalb auch zugab, dafs als Pfand des Friedens, der vielen
gefangenen Griechen die Freiheit wiedergab, eine kaiserliche
Prinzessin dem Bulgarenfürsten zur Ehe gegeben ward1 2 3, stieg
die Erbitterung in jenen exklusiven Kreisen aufserordentlich.
Wie könnten Rücksichten auf einen augenblicklichen Vorteil in
die Wagschale fallen gegen Satzungen, auf denen das Reich
und seine Stände ruhen! Der Adel des Römerstaates werde
gekränkt. Man war der Meinung, dafs solche Verbindungen
dem Eindringen fremder Sitten und Neuerungen aller Art
Vorschub leisteten, die nur Zwist und Unfrieden ins Land
brächten. Die Verurteilung des Ehebündnisses mit den Bulgaren

1 Tomaschek, über Brumalia und Rosalia, Sitzungsberichte der
Wiener Akad., phil.-hist. CI. B. 60, besonders der zweite Abschnitt.
Auch Rich. Förster, duae Choricii .. orationes, Breslauer Index lectionuin
1891/92, S. 5 ff.; de caerim. II, c. 16.
2 Die Prinzessin war aus der Familie des Romanos. Eine purpur-
geborene aus dem Blute der makedonischen Dynastie hatte man trotz
allem Drängen verweigert. Ep. 16 des Patriarchen Nikolaus. Eutychius
Alex. II 512.
 
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