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Oechelhäuser, Adolf von
Die Miniaturen der Universitäts-Bibliothek zu Heidelberg (Band 2) — Heidelberg, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.1414#0077
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_ 70 —

Verflechtung und Verkettung zweier oder mehrerer Bänder eine unglaubliche Mannig-
faltigkeit erzielt worden; trotzdem wirken sie eintönig und reizlos im höchsten Grade.
Der beiderseitige Absehluss wird in der Regel durch unklar gezeichnetes, plumpes Ranken-
werk gebildet; hier und da Fratzen und Thierköpfe als Endigung. Zu Anfang des Textes
auf fol. l!l ist eine reichere Kopfleiste gezeichnet, bei der man offenbar etwas besonderes
zeigen wollte, welche aber durch die Unklarheit der Zeichnung und die Rohheit der Färbung
ebenfalls nur als Zeugniss vom tiefen Stande der griechischen Kalligraphie in dieser Periode
zu betrachten ist; lauter unverstandene Motive in unverständiger Zusammensetzung*).

Die lateinischen Handschriften des XIV. Jahrhunderts, deren Beschreibung
wir hierauf folgen lassen, sind, wenigstens soweit sie für uns in Betracht kommen, fast
ausschliesslich religiösen Inhalts. Die Reihe eröffne der

XXX. Tractat des Stephanus de Borbone: De diversis materiis

praedicabilibus etc.

(Sal. X, 2.)

in zwei stattlichen Foliobänden (250 X 370 mm) geschrieben, eines der Hauptwerke der
älteren Dominikaner-Literatur. Der erste Band schliesst mit dem siebenten Titel des vierten
Theiles, der zweite enthält am Schlüsse die gleichzeitige Schenknotiz: Nos sumus duo volumina
quae dedit Magister Uolricus de Ueberlingen conventui [Salem?] pro salute animae suae etc.
Aehnlich lautende Eintragungen finden sich am Schlüsse des ersten und zu Beginn des
zweiten Theiles.

Der kalligraphische Schmuck beschränkt sich im ersten Bande auf vier gut
gezeichnete und colorirte Gouache-Initialen je zu Beginn der vier ersten Theile; im zweiten
Bande sind diese durch gewöhnliche gothische zweifarbige Majuskeln etwas grösseren Formates
ersetzt. Mit besonderer Sorgfalt ist, wie in der Regel, die erste Seite des Werkes behandelt.
Wir sehen hier innerhalb des Initials Q bei kleinstem Maasstabe äusserst sorgfältig und
sauber ausgeführt eine Dedikations-Scene, wie solche sich seit den Zeiten der carolingischen
Buchmalerei häufig genug zu Beginn der Handschriften vorfindet. Auf der rechten
Seite Maria als Himmelskönigin, das Christkind, das zärtlich nach ihr langt, auf dem Schosse
haltend, links ein Mönch in weisser Kutte knieend und das Buch zur Gottesmutter mit
beiden Händen emporreichend. Den Hintergrund bildet ein schräges buntes Schachbrettmuster

Stil und Technik dieses Biklerbuchstabens und der drei andern Pracht-Initialen-
des ersten Bandes erinnern lebhaft an unser Brevier vom Jahr 1288, nur dass das Domblatt
bereits voller entwickelt ist, Auch an einer drolerie fehlt es nicht; auf fol. la sehen wir
nämlich auf der untern Ranke ein vor einem Hunde fliehendes Häschen. Schliesslich

*) Vgl. Silvestre, Universal Palaeography pl. 73, 78, 81, 89 und Palaeographical Society II, 138 (202)-
 
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