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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Benndorf, Otto: Bildnis einer jungen Griechin
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0016

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4

der Griechen dagegen gehören reine Halbfiguren zu den Seltenheiten. Der Kunst
Athens sind sie fremd. Die ungezählte Menge attischer Grabdenkmale, so weit
sie in Conzes und seiner Mitarbeiter großem Werke oder anderweitig übersehbar
ist, gibt durchweg immer die ganze Gestalt — die meines Wissens einzige Aus-
nahme, die schöne Stackelbergsche Stele aus Attika im Vatican,3) wo die Todte
im Blätterkelch des Akroterions erscheint, ist eben dieser ornamentalen Verbindung
halber nur scheinbar — und dass die Wiener Halbfigur nothwendig anderer
Herkunft sein muss, bedarf nach allem Gesagten keiner Erinnerung. Schon das
Material, auch wohl der Granatapfel, den ich als sepulcrales Beiwerk nur aus

anderen Landschaften'1) zu belegen weiß, schlie-
ßen sie von attischer Kunst aus.

Aus Thera ist in das Nationalmuseum zu
Athen eine weibliche Halbfigur aus Marmor,
beinahe einen Meter hoch, gekommen, von der
die nebenstehende photographische Reproduction
(Fig. 2) einen Begriff gibt.5) Sie wurde mit abge-
brochenem Kopfe in der Nähe von Phira ge-
funden, zusammen mit einem oblongen Posta-
mente, auf dem in Lettern vorchristlicher Zeit
die Grabinschrift steht: 6 Säfiog aq37]pc!)^ev Auat-
xAetav XwcpaVTOU izdaac, apexag l'vsxa xoä atocppoauvac;.
Aus Anaphe hat Ludwig Ross°) ein weiteres
Beispiel, die Halbstatue eines mit Chiton und
Himation bekleideten Mannes, abgebildet und
bemerkt, dass in Thera und Anaphe statuarische
Halbfiguren neben ganzen Statuen als Auf-

2 Marmor aus Thera in Athen.

sätze über den Grabcellen der dortigen Adels-
geschlechter häufiger vorkommen, und dass diese Bilder in römischer Zeit zu
bloßen Büsten zusammenschrumpfen. Auch viereckige, ,einen Fuß und darüber

necropole de Myrina pl. XXVII 12 p. 388 mit 5) Im Kataloge v. Sybels n. 416, von Kabbadias

weiteren Nachweisen. n. 780. Wie Hiller von Gaertringen mir freundlich

3) Die Literatur bei Hübner, Bildnis einer nachweist, gab eine Abbildung Cigalla in der athe-
Römerin- S. 17, 1. nischen Zeitschrift IlavSo'ipa VII 1856/7, S. 213 fig.

4) So auf den altspartanischen Stelen, dem Die Inschrift wird im dritten Bande des Inselcorpus
Harpyienmonumente von Xanthos, der Stele der n. 873 (vergl. n. 1026; 1038) wiederholt werden.
Polyxena aus Larissa, einem Relief von Megara c) Ludwig Ross, archäologische Aufsätze II
(athen. Mittheil. II 194, 14), von Aigina (a. a. O. Taf. XVII c. S. 510; vergl. I 65 und R. Weil,
VIII Taf. XVII, indes hier wohl nur Apfel). athen. Mittheilungen I 251.
 
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