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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Heberdey, Rudolf: Eine zweisprachige Inschrift aus Lykien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0052

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aÜTOis dHrfi Eepeoav trifft Vorsorge für den Fall, dass die Priesterin sich diesen Bestim-
mungen nicht fügen sollte, und verfügt sofortigen Ersatz, eventuell auch aus fremdem
Lande, Z. 42 ji£T5C7-£|.it|ja|.tEVov. Wer sie beizustellen habe, bleibt unklar; besonderes
Gewicht wird darauf gelegt, dass der Ersatz noch in demselben Jahre statthabe, ev'-xcöi
£v:«'JTäK exsivöh Z. 43. Sonst ist nur am Schlüsse noch erkennbar, dass eine Mehrzahl
von Personen, vielleicht die aöxoE von Z. 41, deren genauere Bezeichnung wohl in
Z. 40 fin. verloren gegangen ist, mit einer Strafe von 1000 Drachmen bedroht wird.

Mehr als diese ganz allgemeinen Züge vermag ich den traurigen Resten nicht
abzuringen; vielleicht glückt es anderen, die Erkenntnis des Zusammenhanges weiter
zu fördern, sicherlich aber wird man auf Herstellung eines zusammenhängenden
Textes verzichten müssen. Dies ist umso bedauerlicher, als in der Inschrift zum ersten-
male eine längere lykisch-griechische Bilinguis vorzuliegen scheint, welche, über die
einfachen Formeln sepulcraler und anathematischer Texte hinausgehend, uns wert-
volle Aufschlüsse über die noch immer räthselhafte lykische Sprache bieten könnte.

Haben wir aber in der That eine Bilinguis vor uns? Die äußere Gestalt
des Monumentes und die Art, wie die beiden Inschriften auf demselben ange-
bracht sind, lässt dies zunächst glaublich erscheinen. Bei näherer Überlegung
spricht aber doch Manches dagegen. Vorerst ein rein äußerliches Moment.
Der lykische Text füllt 2^.1/2 Zeilen zu etwa 32 Buchstaben, der griechische
28 Zeilen zu etwa 38 Buchstaben, d. h. in gleich großer Schrift würde der
griechische Theil den Lykischen um etwa ein Drittel übertreffen. Das steht in
directem Gegensatz zu dem, was die sonst bekannten durchaus bilinguen Texte
von Limyra und Tlos2) lehren, da in diesen stets das Lykische mehr Raum
erfordert als das Griechische. Auch inhaltlich begegnen wir Schwierigkeiten.
Das Griechische endet mit einer Strafandrohung von 1000 Drachmen; weder Zahl-
zeichen noch die wohl bekannte Münzbezeichnung ,ada' stehen in dem sicher
zu lesenden und fast vollständig erhaltenen Schlusspassus des Lykischen. Ander-
seits findet sich im Lykischen viermal (Z. 13, 15, 17, 20) der Eigenname Qeziqa,
den es trotz der weitgehenden Zerstörung des Griechischen schwer halten dürfte,
in ihm ebenso oft unterzubringen.

Alles dieses scheint den Gedanken nahezulegen, dass wir es nicht mit einem
in zwei Sprachen abgefassten Documente, sondern mit zwei gesonderten, auf den-
selben Gegenstand bezüglichen Schriftstücken zu thun haben. Dazu stimmt eine
weitere Erwägung. Der Name Qeziqa ist in leichter orthographischer Variante

2) Schmidt II 19; Benndorf, Anzeiger der pMl.-hist. Classe d. Akademie d. Wiss. Wien 1892
n. 18 vom 20. Juli.
 
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