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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Reisch, Emil: Athene Hephaistia
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0075

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ganz aus Zinn oder nur aus verzinnter Bronce bestand. Die beträchtliche Gewichts-
menge des verwendeten Metalls lässt aber jedesfalls für das Anthemon einen
größeren Maßstab vermuthen; dass auch noch während der Arbeit sich die
Nothwendigkeit ergab, einige totoAcc nachträglich beizufügen, lehrt Z. 10.
Nun war es zwar eine naheliegende Auskunft, den Schild, der zur Seite der
Göttin steht, auf eine Basis aufzustützen, wenn man bei dem Rundschild einen
allzugroßen Durchmesser vermeiden wollte, damit er nicht seitlich verdeckend
oder nach vorne vorspringend die Linien der Composition störe. Allein es er-
scheint als ein durchaus origineller Gedanke, dass als Untersatz des Schildes
bei der Athene Hephaistia nicht ein Sockel oder eine Bodenerhöhung gewählt
wurde, sondern eine ,Blume', ein Blattwerk.

Gewiss sollte dieses Blattwerk, das in der hellen Farbe des Zinnes augen-
fällig genug sein musste, nicht als bedeutungsloser Zierat erscheinen; ich weiß
es aber, wie ich vorhin schon andeutete, nicht anders zu erklären, als durch die
Voraussetzung, dass unter dem Schilde verborgen, unter Blattwerk oder Blumen
hervorkommend die Schlange dargestellt war. Mag aber dem sein, wie ihm wolle,
jedesfalls ist diese künstlerische Form der Schildstütze so vereinzelt, dass sie als
ein wertvoller Behelf bei der Suche nach Repliken jener Athene Hephaistia ver-
wertet werden darf. Freilich bin ich bei der ersten Suche nicht ganz auf die
richtige Fährte gekommen. Ich fand in der Athene Borghese (Fig. 36), die mir zu
jener Zeit nur in den Abbildungen bei Overbeck, Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch,
zu Leipzig XIII (1861) T. 1 u. XVII (1865) T. 1 vor Augen stand, eine Darstel-
lung der Athene, die durch die Tracht und die schräge Aigis als Friedensgöttin
gekennzeichnet, ihren Schild auf Akanthos stützt, und glaubte hierin Grund genug
für die Annahme gewonnen zu haben, dass die Borghese'sche Statue von der
Athene Hephaistia abhängig sei. Allein, so sehr ich auch heute an der Annahme
festhalten möchte, dass die Borghese'sche Statue in enger Beziehung zu dem
athenischen Tempelbild stehe — worauf ich noch späterhin zurückkommen werde
— so sicher lehrt die genauere stilistische Prüfung der Statue, dass wir es hier
mit einem Werke zu thun haben, das zwar in seiner Gesammtanlage wohl aut
das Vorbild phidias'scher Typen zurückgehen könnte, in der Durchführung
des Einzelnen aber, vor allem in der Behandlung des Gewandes die Einflüsse
praxitelischer Kunstart wiederspiegelt, vgl. Furtwängler, Meisterwerke d. griech.
Plastik 556, 742. Für das also, worauf es uns in erster Linie ankommen würde,
für die Erkenntnis der Kunstart jener Athene des Alkamenes kann die Borghese'sche
Statue uns keinen Gewinn bringen.
 
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