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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Reisch, Emil: Athene Hephaistia
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0093

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er dargestellt ist, lassen keinen Zweifel darüber, dass wir in ihm Hephaistos zu
erkennen haben. Er lehnt auf einem Stab, der unter der linken Schulter einge-
stützt ist; sein linkes Bein ist völlig entlastet, auch das rechte Bein etwas ein-
geknickt. Ein weiter Mantel umhüllt die linke Schulter und den Unterleib, so
dass Brust, rechte Schulter und Arm frei bleiben. An dem stark bestoßenen
Kopf ist Haar und Bart kurz gehalten. Mit der Rechten hat er den Helm am
Nackenschirme derart gefasst, dass die Vorderseite des Helmes der Göttin zuge-
kehrt ist; damit ist deutlich ausgesprochen, dass Athene die Empfängerin ist; sie
hat ihre Rechte ausgestreckt, um von unten in die Höhlung des Helmes hinein-
zufahren und ihn so auf die Hand zu nehmen.

Wie ist nun diese Scene zu verstehen? Spätere Denkmäler zeigen uns wohl
gelegentlich Athene auf Besuch in Hephaistos Werkstatt (vgl. z. B. die beiden
Medaillons des Antoninus Pius bei Fröhner, Medailles de l'empire Romain S. 51
u. 65). Aber dass wir hier in dem Helm nicht etwa ein Geschenk erkennen
dürfen, das für einen Schützling der Göttin verfertigt worden ist, sondern dass
vielmehr der Helm für die Göttin selbst bestimmt ist, das hat der Künstler so
deutlich als möglich dadurch ausgesprochen, dass Athenes Kopf noch unbehelmt
ist. Und so soll wohl auch der Schild, der zwischen Hephaistos und Athene auf
dem Boden steht, als ein Geschenk betrachtet werden, das soeben von Hephaistos
der Athene überreicht worden war. Es liegt uns also hier eine Sagen-Version
vor, wonach Athene ihre Schutzwaffen von Hephaistos empfangen hat. Vielleicht
darf man eine literarische Spur dieser Version erkennen in den Worten, mit
denen Apollodor Biblioth. III 188 (14, 6) seinen Bericht über die Geburt des
Erichthonios einleitet: 'AS-rjva . . eyevsxo izpbq "Hcpaicrcov oizXx y.axaaxeuacjat d-ekouoa,
obwohl der Wortlaut auch die Möglichkeit offenlässt, dass der späte Autor nicht
an die -SuXa der Athene, sondern an Waffen, die für einen griechischen Helden
bestimmt waren, dachte. Allein es bedarf wohl keiner weiteren Zeugnisse, um
die an sich verständliche Sagenversion zu erhärten, dass Hephaistos, wie er
Skeptron und Aigis des Zeus verfertigt hat (II. II 102, XV 310), auch Athenes
Helm und Schild gearbeitet hat. Wenn die naive Volksvorstellung im VI. Jahrh.
Athene mit allen den Waffen gerüstet, die damals in Gebrauch waren, aus dem
Haupte des Zeus emporspringen lässt, so hat daneben eine mehr rationalistische
und vielleicht auch ältere Version die Göttin völlig waffenlos oder nur mit den
alten Waffen, der Aigis und Lanze, geboren werden und die neueren Metallwaffen,
Helm und Schild, erst von Hephaistos Händen verfertigt werden lassen. Zum
Überflusse haben wir auch noch ein zweites bildliches Zeugnis für diese Sagen-

Jahreshefte des üsterr. arcbäol. Institutes Bd. I. 11
 
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