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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Wickhoff, Franz: Der zeitliche Wandel in Goethes Verhältnis zur Antike dargelegt am Faust
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0126

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Marianus . . . Chorus in Excelsis" und gleich darunter dieses Schema nochmals
wiederholt, indem er der Magdalena, die er nun Magna Peccatrix nennt, und der
Samariterin als dritte Büßerin Maria Egyptiaca beifügt, das übrige aber un-
verändert lässt.15) Genau folgt diesem Schema die Ausführung von Vers 12032 an,
bis zum Schlüsse. Ein echt Maximilianischer Schluss dieser Chorus mysticus.
Der alte Kaiser hatte in einen Entwurf seiner allegorischen Lebensgeschichte
eigenhändig hineingeschrieben „In fine devocio mystica."16) Wie wir beob-
achten konnten, dass Goethe im ersten Entwürfe zur Helena ein Gegenstück
zum Spaziergang vor dem Thore schaffen wollte, so finden wir hier ein Gegen-
stück zum Vorspiel im Himmel; das klingt in den Liedern der Osternacht fort
und ihnen hat sich vielleicht sogleich die Ausführung dieses Theiles angeschlossen.
Über die Verbindung dieser letzten Scene mit dem Vorangehenden war sich
Goethe lange unklar. In der zusammenfassenden Erzählung des Inhaltes des
zweiten Theiles (1824), wie er ihn in früheren Jahren beabsichtigt hätte, weicht
er einer Erklärung aus. Es kommt ihm die wohl ausgeführte Scene ins Ge-
dächtnis, und er sagt, nachdem er die Ereignisse des vierten Actes erzählt hatte,
„wie es weiter ergangen, wird sich zeigen, wenn wir künftig die Fragmente,
oder vielmehr die zerstreut gearbeiteten Stellen dieses zweiten Theiles zusammen
räumen und dadurch einiges retten, was dem Leser interessant sein wird."17)

Später im Jahre 1831, als er den fünften Act arbeitet, hat er an ein Gericht
über Faust gedacht, bei dem Mephistopheles gegen die Entführung von Faustens
Seele appelliert. Er schreibt zum Schlüsse seiner ersten Seite „Engel entschweben.
Mephist. zur Appellation"18) und in einer weiteren: „Meph. ab zur Appellation. Da
Capo. Himmel . . . Christen . . . Mutter . . . Evangelisten . . . und alle Heiligen . . .
Gericht über Faust."18) Daran hätte sich der vollendete Schluss gefügt. Bei der
Ausführung ändert er den Plan nochmals, gibt die Gerichtsscene auf und fügt,
geführt durch das Bild im Campo Santo zu Pisa, die Scene in den Bergschluchten
mit den Gesängen der heiligen Väter ein. Als diese Scene vollendet war,
schreibt er mit erleichtertem Aufathmen in sein Tagebuch am 12. Juli 1831:
„Die Verbindung gelang mit der Hauptpartie." Nur war an dem Schlüsse etwas
zu ändern. Er spielte früher im Weltenraume. Die Worte Gretchens lauteten
ehemals:

lr') W. A. 15, 2. Abth. p. 244 Par. 196. ") W. A. 15, 2. Abth. p. 177 Par. 63.

10) Simon Laschitzer, der Tlieuerdank, Jahrb. ls) W. A. 15, 2. Abth. p. 243 Par. 194.

der kunsth. Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses. 19).W. A. 15, 2. Abth. p. 243 Par. 195.

VTII. Band Wien 1888, S. 65.
 
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