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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Wickhoff, Franz: Der zeitliche Wandel in Goethes Verhältnis zur Antike dargelegt am Faust
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0132

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I 20

untereinander gewürfelten Gruppen in dem fröhlichen Maskentreiben, bevor die
großen Wagen erscheinen, dürften vielleicht mit der besprochenen Sammlung
italienischer Lieder zusammenhängen. Gärtnerinnen, Gärtner mit Früchten,
die Mutter, die ihre Tochter verheiraten will, Fischer und Vogelsteller, Holzhauer,
Pulcinelle, Trunkene, Parasiten, Parzen, Furien, wilde Männer,29) sind von dorther
genommen, ja sogar die Nymphen, die den großen Pan umgeben, gehen auf
einen Verein florentinischer Damen zurück, die dem Großherzog ihre Huldigung
in dieser Verkleidung darbrachten.30) Auch hier hat Goethe den italienischen
Text nirgends direct benützt, der auch meistentheils zu obscön gewesen wäre,
sondern er hat sich die Gruppen von diesen Maskenzügen ausgewählt und zu ihnen
neue Worte gedichtet.

Wie hier italienische und deutsche Kunst, der Nachklang deutscher und
italienischer Feste zusammenwirkte, so ist in der classischen Walpurgisnacht ein
ähnliches Zusammengehen von antiker und moderner Kunst. Den Hintergrund
bildet eine Landschaft mit Ebene, Fluss, Meeresbucht, mit Erdbeben, Meteorfall
und Mondeslicht, die nur ein Maler von der Größe und Kühnheit Tintorettos
wiedergeben könnte. Aber selbst diese großartigen Landschaftsbilder, scheinbar
einheitlich der Phantasie entsprungen, gründen sich zum Theil auf Philostratos,
dessen Sümpfen die Schwäne vom Peneios entnommen sind, wunderbar verbunden
mit der Landschaft von Correggios Leda (v. 7295—7312). Selbst ein so gering-
fügiges Detail, wie die Erwähnung der thessalischen Zauberfrauen, die den Mond
herunterziehen 8034—8036, geht auf ein griechisches Vasenbild zurück.31) Sphinxe
und Greifen, Sirenen und Centauren treten auf, und dass auch hier nicht immer die
alte Kunst als Ganzes wirkte, sondern dass ein einzelnes Beispiel maßgebend
werden konnte, hat E. Szanto in der vorausgehenden Untersuchung beim
Chiron gezeigt. Nereiden und Tritonen, Doriden auf Delphinen, sind alle der
antiken Kunst auf Sarkophagen und Fresken nachgebildet, aber im einzelnen

29) Ebenda. Uomini che vendono fiore von
Batista dell' Ottonajo II 346, Giardinieri von Tommaso
Raffacani II 536, Annestatori (Pfropfer) anonym
I 65, Contadini che vendono frutti, anonym I 84,
Fruttajuoli von Fillippo Cambi I 227, Canto di
vedove, che menano le figliuole a mostra per trovar
loro marito, von Guglielmo detto il Giuggiola II 323,
Pescatori von Michele da Prato I 24 8, Canto del lauro
di Guglielmo Angiolini I 143 etc., Uccellatori alla
Civetta von dem Giuggiola II 326, Uccellatori col
Gufo von dem Lasca II 484 etc., Tagliatori dei Boschi,

anonym I 50, Buffoni e Parasiti von dem Lasca II
450, Lanzi imbriachi von dem Giuggiola II 302,
Lanzi trinciatori von demselben II 303 etc., Trionfo
delle tre Parche, anonym I 29. Trionfo dclle Furie
von Giovan Batista Strozzi I 254, Uomini salvatichi
von Pierfrancesco Giambullari I 206.

3I)) Ebenda. II 560 Canto delle Ninfe, anonym.

31) Tischbein, Collection of engravings from
ancient vases III 44; ich verdanke den Hinweis
Robert von Schneider.
 
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