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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Wilhelm, Adolf: Ein Vertrag des Maussollos mit den Phaseliten
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0165

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seine Vorstellung von der Entwicklung griechischer Schrift aus den leblosen, irre-
führenden Typendrucken unserer Veröffentlichungen und den Anweisungen der
Handbücher, nicht von den Denkmälern selbst und den allein verlässlichen Re-
productionen durch Abdruck und Photographie bezieht. Erfreulicher Weise bricht
sich, namentlich durch Dittenbergers ausgezeichnete Bearbeitung der Inschriften von
Olympia und einzelne Untersuchungen, wie die von E.Jacobs über die Theorenlisten
aus Thasos8), allmählich die Erkenntnis Bahn, dass der ebenmäßigen Ausgestaltung
griechischer Schrift rein kalligraphische Veränderungen und die Ausbildung von
Zierformen unmittelbar gefolgt sind und dass auch in dieser Entwicklung der grie-
chische Osten dem Westen vorangegangen ist. Mit der großen Masse gleichzeitiger
attischer Inschriften verglichen erscheint die Inschrift von Phaseiis jung. Aber
es ist Zeit, zu betonen, dass Attika, wie einst sein alterthümliches Alphabet, so
späterhin einfache Schriftformen und die freier Gestaltung hinderliche oxoc/rjSbv-
Ordnung der Buchstaben länger als andere Gebiete festgehalten hat. In dieser
beengenden Gewohnheit der aTOiyjjSov-Ordnung ist auch die Unempfindlichkeit
attischer Inschriften gegen die natürliche Silbentheilung am Ende der Zeilen, die
unsere Inschrift von Phaseiis durchgeführt zeigt, begründet. Wie das Schweigen
der Handbücher und die Praxis lehrt, wird die Silbentheilung von den Epi-
graphikern bisher nicht ausreichend gewürdigt9), kaum gelegentlich beachtet,
meist aber deshalb schief beurtheilt, weil die Beobachtung, dass die attischen
Steine sie, wie man sagt, um 200 v. Chr. einführen,10) irrig verallgemeinert wird.
Wie bereits vereinzelte Inschriften archaischer Alphabete, so zeigen nicht wenige
Denkmäler des fünften und besonders des vierten Jahrhunderts aus verschiedenen
Gebieten, namentlich dem Osten, und selbst axoiyjjobv geschriebene Urkunden
jener Zeiten aus Attika in wechselnder Zeilenlänge die aus dem Elementar-
unterrichte11) von altersher geläufige Übung der Silbentheilung.

Eine Ergänzung der Urkunde kann wenigstens theilweise mit Aussicht auf
Erfolg versucht werden, weil, der schriftliche Ausdruck von Verträgen gewisse
Formeln fordert, die griechisch, namentlich in Bestimmungen von wechselseitiger
Geltung, selbst in der Wortstellung mit bezeichnender Feinheit und Schärfe aus-
geprägt sind.

8) E. Iacobs, Thäsiaca 1893.

9) So ist z. B. in der von E. Hula und E. Szanto
veröffentlichten Inschrift aus Kasossos (Sitzungs-
berichte der AViener Akademie, philos. hist. Cl.
Bd. 132, II 23, vgl. Athen. Mitth. 1896, 239) die
Abtheilung der ersten neun Zeilen zu ändern.

10) Vgl. Meisterhans, Grammatik der attischen
Inschriften 2 6; Br. Keil, Hermes 1890, 598.

u) Tpcccpeiv y.ai ä.va~;i*{vma-/.eiv vm-lX au7.Xaßv)v
Dionys, de comp. verb. 25 ; vgl. J. Krall, Mitthei-
lungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog
Rainer IV 126 ff.

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