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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Wilhelm, Adolf: Ein Vertrag des Maussollos mit den Phaseliten
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0172

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i6o

es ein Eigenname sein soll, ebensowohl der einer Person, einer männlichen oder

weiblichen, sein. Unberechenbar ist das Spiel des Zufalles; aber ist es wirklich
nur trügerischer Zufall, dass der Name der Schwester und Gattin des Fürsten
Maussollos sich ungezwungen, dem Räume entsprechend41), ergänzen ließe?

Ich leugne es nicht, der Gedanke Artemisia in diesem Zusammenhange
genannt zu sehen, erscheint abenteuerlich und romanhaft. Dennoch fordert er eine
kurze Prüfung. Wäre wirklich 'Apx£[it]atav zu lesen, so böten sich zwei Möglich-
keiten der Erklärung.

In den östlichen Gebieten der griechischen Sprache ist xaTOcAajjißaveiV in einer
Bedeutung üblich, die dem Attischen bekanntlich fremd ist: es bezeichnet den
Sieg vor Gericht4'-'). Demnach würde Artemisia einst in irgend einem Handel mit
den Phaseliten vor Gericht unterlegen und diese Verurtheilung Anlass des vor-
liegenden Vertrages geworden sein; beliebig mag die Phantasie sich mühen, für
ein solches Ereignis rechtlich und geschichtlich denkbare Formen zu finden. Aber
xaTaXajijBdvetV heißt auch ergreifen, gefangennehmen43). Sollte Artemisia einst von
den Phaseliten, etwa mit den Rhodiern im Bunde, festgenommen worden sein
und die Phaseliten im Besitze dieses kostbaren Pfandes eine neue günstige
Regelung ihrer Rechtsverhältnisse Maussollos gegenüber versucht und gegen
Artemisias Auslieferung erreicht haben? Ein solcher Handstreich konnte in den
Kriegen, die Maussollos mit den Lykiern und den Griechenstädten zu führen
hatte44), wohl vorkommen.

Die Ergänzung mag für einen Augenblick verführerisch erscheinen, aber
weit entfernt an sich einleuchtend zu sein, gewinnt sie näher besehen nicht an
Wahrscheinlichkeit. Ich verwerfe sie, aber ich weiß auch keine andere völlig über-
zeugende Ergänzung vorzutragen. Trotzdem komme ich immer wieder auf die

41) Allerdings ergeben sich, die Ergänzung
auv[ßoAa£u)v vorausgesetzt, für die Lücke nur 17,
schreibt man Tcplv 7), nur 18 Buchstaben, während
in Z. 3, 5, 8, 11 je 20, in Z. 7: 22 Buchstaben
fehlen; auv[aAXa~f|ia'i:<J)v ergäbe drei Zeichen mehr.
Aber das erhaltene Stück beweist genugsam, däss
man überhaupt mit Schwankungen rechnen darf.
Deshalb würde ich auch nicht wagen, neben So|xet,v
MaöaawAAov in Z. 10 Ss 8ö|J,eiv M. (22 statt 20 Buch-
staben) von vorneherein für unmöglich zu erklären.

*2) So in den Inschriften von Teos in Ditten-
bergers Sylloge n. 34g b. Z. 58, Olbia ebenda n. 354
Z. 21, Eresos in Michels Recueil A Z. 20. Bekanntlich
auch in Antiphons Tetralogien; darüber v. Wila-

mowitz, Euripides Hippolytos 237 und Dittenberger,
Hermes 1897, 34- Nebenbei: ist zu der in der
Inschrift von Olbia erwähnten tf)VY] -cwv Ttapavo[irj-
aaraov schon auf Josephus A. J. XII 176 (vgl.
181. 183) verwiesen worden: xal tffiv änap-cov-wv
elg tov otkov atruoQ rag oüatag avane^siv aüxtö-
fäp ioSzo zoXc, iskeai auveraitpdaxsTO ?

43) So Piaton Gesetze 12, 944 c ot<xraXa|ißav6-
lisvoj ukö tffiv TCoXsfitmv u. s.

U) Vgl. "W. Judeich, Kleinasiatische Studien
237fr. Über Artemisia und die Rhodier besonders
Vitruv II 8, 14 f.; dazu Benndorf bei Gr. Tocilescu,
Das Monument von Adamklissi 135.
 
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