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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Benndorf, Otto: Stiertorso der Akropolis
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0208

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ig6

Kunstdarstellungen1') variieren die zeitlich nahestehenden rothfigurigen Vasen-
bilder die Scene so vielfach in den Einzelzügen, dass kein näherer Aufschluss aus ihnen
zu gewinnen ist. Überdies geben sie den Stier fast ausnahmslos nach links und
können schon deswegen nicht von diesem Werke abhängen, wie sie denn über-
haupt nichts weniger als Nachbildungen eines Originales sind, höchstens An-
regungen von einem solchen empfangen haben können. Jedesfalls ist die Fesselung
in der älteren Kunst durchaus vorherrschend und auch das zuweilen vorkommende
Einfangen nur als ein Voract dazu begreifbar oder wie in der Theseionmetope nach
Wilhelm Kleins einleuchtender Erklärung unmittelbar damit verbunden, während
eine rein athletische Bewältigung dem Geschmack einer späteren Zeit zusagte.
So ergibt ein junges anonymes Epigramm der Planudea,7) dessen Lemma den
Bezug auf eine statuarische Gruppe des Theseus mit dem marathonischen Stier
ausspricht, einen ganz anderen Vorwurf, da es den Helden auf dem Rücken des
in die Hinterknie sinkenden Thieres sich einstemmen und ihm mit den in die
Nüstern und an das Horn greifenden Händen das Genick brechen lässt:

05CÖJ-IOC T£/vVr;g TOÖpOl) T£ XOtl t&VepOQ, d)V 6 jxev cüc/Jx

d-fjpx ßfy ßpcftei, yuta xreat'vo|X£VOg;
fvag §' au/evfcug yva(XT;tü)v, TtaXöcjji^atv e^ap^ev

Xaqj [AUXTfjpas, SefyzipiQ ok xepag,
ceaxpayaXoug xcd o&yiw ö'Tjp Otiö xspaiv

Sajj,va|i.evoi; xpaxspats öxXaaev sie, öraaw.
Aber mit oder nach der Fesselung wäre die Tödtung durch eine Waffe nicht
als unmöglich abzuweisen, da ja die Erzählungen der Vasenbilder deutlich darauf
anspielen, dass das Opfer des Stieres den Abschluss der Handlung bildet*5) und der
besprochene letzte Satz der Logospartie dabei einen volleren Sinn erhielte. Es ist
schade, dass im Wiener Fragment der Hekale des Kallimachos die gewiss meister-
liche Schilderung fehlt, welche hier zu vergleichen von höchstem Interesse wäre.")
Die schönen klaren, aber theilweise noch etwas harten Formen deuten auf
einen Meister der reif archaischen Kunst. Wären Kopf und Füße erhalten, so
würden stilistische Vergleiche vielleicht eine genauere Zeitbestimmung ermög-

lichen- OTTO BENNDORF.

'') Außer Milani a. a. O. vgl. Walther Müller, 7) Anthol. Plan. IV 105.

die Theseusmetopen vom Tlieseion S. 26—35 und s) Vergl. Walther Müller a. a. O. S. 32 ff.

Jane E. Harrison, journal of hellenic studies 1889 !l) Th. Gomperz, aus der Hekale des Kallimachos,

p. 231 ff.; dazu die Schale des Aison, Antike Denk- Sonderabdruck aus dem VI. Bande der Mittheilungen

mäler II 1 und das Relief von Sunion, Athenische aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog Rainer

Mittheil. VI 234 Taf. IX D. Wien 1897 s- 7-
 
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