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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Premerstein, Anton von: Die Anfänge der Provinz Moesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0307

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tatem, Macedoniae pacem reddidit. Mit Zumpts Con-
jectur fällt auch die Annahme, dass Piso einer der
ersten oder der erste kaiserliche Legat der neu-
errichteten Provinz Moesien gewesen wäre (Mommsen,
RG V 21 f.; vgl. Zippel S. 246; Tomaschek S. 75).
Er kann also nur proconsularischer Statthalter von
Macedonien gewesen sein, welches Vellerns und Dio
namentlich erwähnen; auch das Epigramm des Anti-
patros Anth. Pal. VI 335, wonach die macedonische
y.auatT) nunmehr das Haupt des italischen Feldherrn
Piso bedeckt, scheint darauf anzuspielen. Die Be-
zeichnung als legatus Caesaris (vgl. Seneca epist. XII
i, 14: huic et divus Augustus dedit secreta man-
data, cum illum praeponeret Thraciae, quam perdomuit)
bezieht sich auf die zweite Seite seiner Doppelbe-
fugnis, das militärische Commando. Entsprechend
werden — in der Sache gewiss richtig — bei Vel-
lerns, wie bei Livius und Florus, auch andere Pro-
consuln in ihrer Eigenschaft als Heerführer als
legati pro praetore bezeichnet (Ganter a. a. O. S. 49 f.).

Die bisherigen Kämpfe an der unteren Donau
waren, wie sie auch in der Regel von den Statt-
haltern der Senatsprovinz Macedonien geführt wurden,
wesentlich Defensivkriege zur Sicherung der Nord-
grenze dieser Landschaft gewesen. Dies tritt besonders
hervor bei dem ersten dieser Feldzüge unter Augustus,
dem des M. Licinius Crassus vom J. 725/29 (Dio LI
23, 3 f.; vgl. Mommsen, RG V ii, 1), aber auch
bei den folgenden Begebenheiten, wo regelmäßig erst
die Einfälle der Barbaren in Macedonien den Anstoß
zu einer Action seitens der Römer geben. Immerhin
hatten die ununterbrochenen Kämpfe zwischen 738/16
und 743/11, namentlich auch die Siege des Tiberius
über die Daher im J. 739/15 und 742/12, letzterer
auf pannoniscbem Boden errungen, endlich die Ruhe
bei den Völkerschaften Thrakiens und der unteren
Donau nothdürftig hergestellt, den römischen Einfluss
wesentlich gefestigt und das bis an die Donau er-
weiterte Thrakien zu einem Schutzbefohlenen Staate
unter der Herrschaft des Odrysenfürsten gemacht.
Zwischen 743/11 und dem großen pannonisch-dalma-
tischen Aufstand der Jahre 6—9 n. Chr., also durch
volle fünfzehn Jahre, schweigen unsere Quellen von
kriegerischen Unternehmungen an der unleren Donau;
es ist eine Zeit friedlicher Organisation, deren wich-
tigstes Ergebnis wohl die Errichtung eines ständigen
Militärcommandos an der unteren Donau gewesen ist.
Dadurch geschah der Forderung, dass Senatsregiment
und militärischer Oberbefehl thunlichst zu trennen
seien, auch für Macedonien Genüge, indem die Ver-

theidigung der Donaugrenze dem dortigen Proconsul
abgenommen wurde. Die macedonische Schutztruppe,
welche bisher wohl nur im Bedürfnisfalle auf viel-
leicht zwei Legionen verstärkt wurde, die legio V
Macedonica sammt den Auxilien (oben Sp. 155) wurde
jedesfalls damals in das neue Heer übernommen, das
aus zwei Legionen unter einem consularischen legatus
Augusti pro praetore, dem Vorläufer des kaiserlichen
Statthalters von Moesien, bestand. Die Gründung des
Militärdistrictes am unteren Donaulaufe — ich ver-
meide es mit Absicht, unter Augustus von einem
,moesischen' Commando zu sprechen — ist verhältnis-
mäßig spät vor sich gegangen, zwischen ungefähr
754/1, wo der Proconsul von Macedonien noch als
Heerführer bezeugt wird (oben Sp. 154 f.), und dem J. 6
n. Chr., in welchem nach Dio LV 29, 3 (vgl. Vel-
lerns II 112, 4) zu Beginn des pannonischen Krieges
der Consular A. Caecina Severus (Prosopogr. I 256 f.
n. 80; Groag in Pauly - Wissowas RE III 1241
n. 24) als zrj'c, rJa]aioy,ß)pov> Muatag apxcov fungierte
und Macedonien, zu dessen Schutze gegen dakische
Einfälle (Dio LV 30, 5 v.cd '{äp ej t7)v MaxsSovtav
au9ft£ svepocXov) Caecina vom Kriegsschauplatz zurück-
kehrte, bereits eine provincia inermis gewesen sein
dürfte. Die aus Agrippas (gest. 742/12) "Weltkarte
geflossene dimensuratio provinciarum kennt noch
nichts Entsprechendes; auch Illyricum umfasst nach
Agrippa nur Dalmatien und Pannonien (v.Domaszewski,
Arch.-epigr. Mitth. XIII 130 ff.). Zu dieser Ent-
stehungszeit stimmt es denn auch, dass die Lager
der Legionen, die im benachbarten Pannonien längst
die Savelinie besetzt hatten, das etwa in gleicher
Höhe befindliche moesische Stromufer erst unter
Tiberius erreichten, unter dem, wie ich anderwärts
zeigen werde, in Pannonien bereits viel nördlicher
die hiberna von Carnuntum errichtet wurden.

Der Mittelpunkt des neuen Militärdistrictes, die
Dardania, wird von Strabo (VII C. 315 f.), ebenso
wie das Skordiskerland (VII C. 318), in ethnographi-
scher Beziehung zu Illyricum gerechnet. Doch dürfte
derselbe, beziehungsweise das spätere Moesien trotz
der Bedenken Mommsens, RG V 13, 1 (vgl. dagegen
CIL III p. 279) auch in administrativer Hinsicht
einen Theil jenes ausgedehnten Ländercomplexes ge-
bildet haben, der unter dem Gesammtnamen Illyricum
außerdem noch Dalmatien und Pannonien, also
Illyricum im engeren Sinne, mit den Annexen Noricum
und Ractien in sich schloss und sich in der Steuer-
verwaltung bis ins 3. Jahrhundert hinein erhielt
(Marquardt, StV 12 296 f.). Dass wir es hier nicht
 
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