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Österreichisches Archäologisches Institut [Editor]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Premerstein, Anton von: Die Anfänge der Provinz Moesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0312

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172

Dass unter Moesia nicht die Provinz gemeint
sein kann, sondern die von den Moesern im engeren
Sinne bewohnte Landschaft, zeigt schon die Hinzu-
fügung der Treballia. Der Umfang beider wurde
bereits oben (Sp. 14g f.) gegen v. Domaszewski festge-
stellt. Insbesondere ist das hier genannte Amt nicht
mit jener Praefectur identisch, welche Ovid ex Ponto
IV 7, I f. für die Gegenden am Pontus Euxinus
bezeugt. Nach v. Domaszewski, NHJ I 196 (vgl.
S. 198) fällt die Praefectur des Atticus in die Regie-
rung des Claudius (41—54), welcher jedesfalls sein
spätestes Amt, die Procuratur Noricums, angehört.
In diesem Falle müsste Baebius Atticus seine mili-
tärische und administrative Laufbahn zum größten
Theile in den dreizehn Jahren des Claudius durch-
messen haben, was bei einer regelmäßigen Inter-
vallicrung der Stellungen kaum denkbar ist. In dem
Wesen des exponierten Praefecten liegt ferner erstens,
dass es damals in Moesia und Treballia keine Legions-
lager und daher keine unmittelbare Jürisdiction des
Legaten gab; auch in Pannonien und Dalmatien
wurden die barbarischen Landestheile, welche außer-
halb des von den regulären Truppen besetzten Ge-
bietes lagen, durch praefccti civitatium verwaltet,
die regelmäßig den Ofiicieren des betreffenden Pro-
vinzialheeres entnommen wurden (vgl. v. Domaszewski
S. 196). Zweitens weist die Bezeichnung Moesia für
eine enger begrenzte Landschaft auf eine Zeit hin,
wo es eine Provinz Moesien noch nicht gab. Mit dem
Regierungsantritte des Tiberius ist in beiderlei Hin-
sicht eine durchgreifende Veränderung eingetreten
(unten Sp. 173 f.). Andererseits empfiehlt es sich
wegen des Umstandes, dass Atticus unter Claudius die
Procuratur Noricums bekleidete, nicht unter die letzte
Zeit des Augustus, das J. 13 oder 14, hinabzugehen.

Angenommen, dass Atticus gleich in den ersten
Jahren des Claudius (seit 41), vielleicht zum Theil
noch unter Gaius, Procurator in Noricum war, so
liegt zwischen dieser Stellung und der Praefectur im
J. 13 oder 14 n.Chr. ein Zeitraum von etwa dreißig
Jahren, welchem dann noch eine vielleicht fünfzehn-
jährige militärische Dienstzeit bis zum Primipilat
vorangegangen war. Für die drei oder vier zwischen
15 und 41 n. Chr. bekleideten Functionen ist be-
sonders die Abneigung des Tiberius gegen Neu-
ernennungen der Beamten in Rechnung zu ziehen;

4) Der officielle Name für das Cümmando an der unteren
Donau unter Augustus ist uns nicht überliefert. Der kaiser-
liche Legat mag sich etwa als legatus Caesaris Augusti pro
praetore i n Illyrico (nicht Illyrici) bezeichnet haben ; ähnlich

vgl.Tacitus ann.I 80 und besonders Sueton Tiberius 41:
rei p. quidem curam usque adeo abiecit, ut postea (seit
27 n. Chr.)... non t ri b uno s militum praefectosque,ncn
provinciarum praesides ullos mutaverit. Das Alter des
Baebius Atticus am Ende seiner Laufbahn, als er sich
in seiner Heimatstadt Iulium Carnicum zur Ruhe setzte,
wird also kaum viel über sechzig Jahre betragen haben.

Wir haben bisher mit Bewusstsein vermieden,
von einer Provinz Moesien oder auch nur von einem
moesischen Militärcommando zu sprechen. Unter
Augustus bildete das spätere Moesien wahrscheinlich
nur einen Theil einer provincia, nämlich Illyricums,
ebenso wie Dalmatien und Pannonien. Aber auch
das dortige Militärcommando dürfte damals noch
kaum jenen Namen geführt haben. Im Monum
Ancyr. kommt Moesia überhaupt nicht vor; ver-
muthlich hat Augustus die spätere Provinz mit unter
dem Gesammtnamen Illyricum begriffen (vgl. V 44;
anders Mommsen, RG V 13, 1). Noch der im J. 30
n. Chr. schreibende Vellerns kennt in der Schilde-
rung der augustischen Zeit ebensowenig, wie der
Geograph Strabo um 18 n. Chr., den Namen
Moesia; unter den von Tiberius unterworfenen illy-
rischen Landschaften nennt ersterer II 39, 3-(oben
Sp. 158), wo der Ausdruck ,provincias' die Er-
wähnung von Moesia erwarten lässt, lediglich die
Scordisci (oben Sp. 147). Der Name Moesia haftet,
wie die sogleich zu besprechende Stelle des Dio LI
27, 1 f. und der praefectus civitatium Moesiae et
Treballiae zeigt, während der ganzen augustischen
Zeit an einem geographisch eng begrenzten Theile
der späteren Provinz, dem Gebiete der Moesi (MuaoE).
Allerdings macht Cassius Dio, der übrigens auch
in einer Rede (LIII 7, 1) im J. 727/27, wo es
gewiss noch keine Provinz Moesien gab, den Augu-
stus iTjv Muaiaj ysipma'.v erwähnen lässt, bereits zum
J. 6 n. Chr. den A. Caecina Severus, welchen Vellerns
II 110, 4 einfach als ,'consularis' bezeichnet, zum
,moesischen' Legaten (LV 29, 3: 6 t.7jg TiÄTjatGX.wpoi)
Muata; äpxMv); doch ist dies offenbar nur eine von
den bei Dio so häufigen Übertragungen späterer
Namen und Verhältnisse auf die ältere Zeit und
findet ein Seitenstück ebenda LVIII 25, 4 (zum
J- 35)> w0 Poppaeus Sabinus, der Statthalter des
noch ungetheilten Moesiens als ttjj MuaEa; iy.azs-
paj... y)"cspovs6aaj bezeichnet wird.')

nannte sich noch C. Ummidius C. f. Ter. Durmius Quadratus
als Statthalter von Dalmatien oder Pannonien leg(atus) divi
Claudi in Illyrico (CIL X n. 5182).
 
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