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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Premerstein, Anton von: Die Anfänge der Provinz Moesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0320

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Grenzlinie ,inter Moesos et Thraces', die doch wohl
mit der alten Gemarkung des thrakischcn Clientel-
staates gegen Illyricum, beziehungsweise Moesien
identisch ist (oben Sp. 152). Von einem nicht näher
zu bestimmenden Punkte nördlich des Haemus, viel-
leicht anschließend an die von West nach Ost ver-
laufende Grenze des gleichfalls thrakischen Gebietes
am Nordabhange des westlichen Haemus (oben
Sp. 164), zog dieselbe südwestlich von Nikopolis itpog
"Iaipov (Stari Nikup) an Hotnica und Butovo vorbei
und schloss sich dann vermuthlich dem Laufe des
Asamus (h. Osma) bis zur Mündung an; aus dieser
Strecke dürfte das in der Gegend von Novae (Svistov)
gefundene Exemplar n. 3 herrühren. Jedesfalls ge-
hörte das von Justinian Tictpa töv TOJTau,6v "Iorpov
angelegte Castell Nikopolis (Prokop de aedificiis IV
II p. 307, 23), das heutige Nikopoli an der Donau
östlich von der Osma-Mündung, wie schon der Name
sagt, noch zur Eparchie von Nikopolis und mithin
zum Gebiete der Thraces; es ist, wie schon Mommsen
angedeutet hat, gewiss kein Zufall, wenn in der dort
gefundenen Inschrift CIL III n. 75 I = Suppl. n. 7434,
welche das p(ublicum) p(ortori) lllyrici et ripae Thra-
ciae erwähnt, der anderwärts (CIL III n. 753 -
Suppl. n. 742g) abgekürzte Zusatz ,ripae Thraciae'
voll ausgeschrieben ist. Die hier geschilderte Linie
ist wohl einerlei mit der späteren Grenze zwischen
der Dacia ripensis und der Provinz Moesia inferior;
letztere dürfte, nachdem der westliche Theil der
früheren Moesia inferior an das im J. 271 neuge-
bildete Dacien gefallen war, an Umfang annähernd
der ehemaligen ripa Thraciae (einen Theil der Küste
zugerechnet) gleichgekommen sein. Noch in der
diocletianischen Ordnung zeigt sich eine Nachwirkung
des älteren Zustandes, indem Moesia inferior (secunda)
mit den Provinzen des inneren Thrakiens zur dioecesis
Thraciae zusammengelegt wurde, während Moesia
superior, Dacia ripensis und mediterranea zur Dioecese
von Illyricum gehörten.

Auch die östliche Grenze der provincia Thracia
im Norden des Haemus dürfte wenigstens theoretisch
dieselbe geblieben sein wie zur Zeit der letzten
thrakischen Könige; es gehörte dazu das Land bis
zum Donau-Delta, mit Ausschluss der Territorien der
Griechenstädte am Pontus (wohl auch von Markiano-
polis) und des munieipium Tropaeum Traiani (Adam-
Klissi; vgl. die Inschrift eines untermoesischen Statt-
halters Arch.-epigr. Mitth. XVII 106 n. 51).

C. Das Gebiet, welches den Truppen Unter-
meesiens zur Dislocation zugewiesen war, konnte sich

selbstredend .nicht auf die kleine Landschaft der
Triballer mit Oescus zwischen Moesia superior und
der ripa Thraciae beschränken. In seiner detaillierten
Beschreibung III 10 weist Ptolemaeus, dessen An-
gaben hier wie überhaupt in den Donauprovinzen
die Verhältnisse der traianischen Zeit schildern
(v. Domaszewski, CIL III Suppl. p. 1349; Arch.-epigr.
Mitth. XIII 144; Rhein. Mus. NF XLVI 605;
Kalopothakes p. 3), die gesammten Orte (darunter
die Lager Durostorum und Troesmis) und Völker-
schaften längs der ripa Thraciae gewiss mit Recht
dem unteren Moesicn zu. Die Südgrenze von Moesia
inferior gegen Thrakien wird nach ihm (III 10, I,
vgl.. III II, 1) nicht durch den Haemus gebildet,
sondern öpcpo;:; [ispst t(5 &7tö tou Kidßpou (Grenzfluss
zwischen Ober- und Untermoesien) ÜTtsp tov Afu,ov
tö opoj (also nördlich des Haemus) pixpi tou £7tl
tov IIövtov Kspa-cog (d. i. Mesembria; vgl. III 10,
4; II, 3; dazu Müller zu Ptolemaeus I I p. 463;
Kalopothakes p. 7f.; oben Sp. 164). Auch bezeichnet
er III II, 6 die nördlichen Strategien Thrakiens
nicht als südlich des Haemus, sondern als npog (isv
Talg Muatcctj xai Ttspi tov Al|j.ov to öpoj gelegen.

Der scheinbare Widerspruch der unter B und C'
zusammengestellten Zeugnisse löst sich meines Er-
achtens ungezwungen durch die Annahme, dass hier
an der Donau zwischen der Provinz Thrakien und
dem Commando von Moesia inferior ein ähnliches
Verhältnis bestanden hat, wie zwischen der Provinz
Gallia Belgica und den Militärdistricten von Germania
superior und inferior; mit anderen Worten, Moesia
inferior wäre ursprünglich zu einem guten Theile nur
ein District der provincia Thracia gewesen. Rechtlich
hat die ripa Thraciae und ihr Hinterland während
des I. und 2. Jh. zur Formula der Provinz Thrakien
gehört; ganz entsprechend wurden die den germani-
schen Militärdistricten einverleibten Erwerbungen
am rechten Ufer des Rheins im Kataster der Stamm-
provinz Gallia Belgica geführt (vgl. Geogr. lat. min.,
ed. Riese p. I2g:istae omnes civitates trans Rhenum
in formulam Belgicae primae redactae; dazu K. Müllen-
hoff, DA III 322 f.; J. Jung, Die romanischen Land-
schaften 195, 2; 249, 2; Gsell a. a. O. p. 191 f.).
Auf das ganze Gebiet, welches ehemals dem thraki-
chen Reiches zugehörte, erstreckt sich, wenigstens
in der Theorie, auch die Civil-Jurisdiction des prae-
torischen legatus Augusti pro praetore provinciae
Thraciae, jedoch nur soweit, als sie nicht durch das
stärkere militärische Commando des consularischen
Legaten von Moesia inferior gehemmt wird. In der
 
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