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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 1.1898

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Premerstein, Anton von: Die Anfänge der Provinz Moesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.19227#0321

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i8g

Praxis wurde gewiss sehr bald, wie in der Gallia
Belgica, eine territoriale Grenze festgesetzt, die wir
freilich nicht genauer kennen lernen (vgl. unter C).
Namentlich der militärisch wichtige Uferstreifen, die
ripa Thraciae, fiel, ohne rechtlich aus der provincia
Thracia auszuscheiden, ganz dem Legaten von
Untermoesien zu, dessen Competenz in militärischen
Dingen sich übrigens, gleich der des obergermanischen
Legaten in der Belgica, über ganz Thrakien erstreckte
(unter A); dagegen verblieb das Binnenland am
Haemus mit Nikopolis dem thrakischen Legaten.

Die Grenzregulierung ,intcr Moesos et Thraces' im
J. 136 ist, obgleich die Wendung ,inter provincias
Moesiaminferiorem etThraciam' vielleicht geflissentlich
umgangen wurde, im Rechtssinne dennoch der Ab-
grenzung zweier Provinzen gleichzuhalten. Sie geht
daher nicht etwa wie die dalmatischen Terminationen
zwischen zwei civitates einer Provinz, durch den
Provinzstatthalter oder auf dessen Befehl, sondern
unmittelbar ,ex auetoritate' des Princeps vor sich (vgl.
CIL XII n. 113). Die persönliche Stellung des im
übrigen nicht näher bekannten M. Antius Rufinus,
den man nach Mommsen gewöhnlich für einen Legaten
von Untermoesien hält (so Prosopogr. I 90 n. 621;
v. Rohden, in Pauly-Wissowas RE I 2565), ist ange-
sichts dieses speciellen Auftrages ganz irrelevant und
kommt daher in der Inschrift nicht zum Ausdrucke.

D. Mit dem Ausgange des zweiten Jahrhundertes
wurde diesem complicierten Zustande ein Ende
gemacht; fortan bildete der Haemus in seinem ganzen
Verlaufe die Grenze zwischen Untermoesien und
Thrakien als Provinzen. Dies war vielleicht schon
zur Zeit des Commodus der Fall, unter welchem die
Münzen von Nikopolis zuletzt einen Statthalter
Thrakiens nennen (Pick S. 51; Kalopothakes p. 53
n. 19), jedesfalls aber unter Septimius Severus; auf
allen Münzen dieses und der folgenden K-aiser aus
Nikopolis, sowie in den dortigen Inschriften aus dem
dritten Jahrhunderte (z. B. Arch.-epigr. Mitth. X
243 f. n. ii vom j. 201; XV 211 n. 86; XVII
181 n. 28 unter Gordian) erscheint der Name des
Statthalters durchwegs mit dem Zusätze ÜTta-csuov-og,
was auf den consularischen Legaten von Moesia
inferior hinweist (Pict S. 34; Kalopothakes p. 37 f.).
In der Folgezeit bezeugen auch Ammian XXVII 4, 12
und andere (bei Mommsen, CIL III p. 14:; C. Müller
a. a. O. p. 481) die Zugehörigkeit von Nikopolis
zu Moesia inferior. Nach Dio LI 22, 7 (oben Sp. 150)
wurden die den Triballem benachbarten Geten zu
seiner Zeit als Moeser, nicht etwa als Thraker be-

I 90

zeichnet. Auch auf der Inschrift des illyrischen
Zolles vom J. 182 CIL III n. 752 = Suppl. n. 7435 =-
Dessau n. 1856 (aus Nikopoli an der Donau) kommt
der Zusatz ,ripae Thraciae' nicht mehr vor.

Gewiss mit Unrecht hat Kalopothakes p. 59 f.
n. 44 aus den beiden Inschriften des L. Vitennius
(oder Vettius) Iuvenis aus der ersten Hälfte des
dritten Jahrhunderts auf eine Moesia inferior und
Thracia zugleich umfassende Competenz eines con-
sularischen Legaten geschlossen. Die eine Inschrift
aus Philippopolis, bei Dumont-Homolle, Melanges
d'archeologie et d'epigraphie 345 n. 60, mit üira-
-s6ov~og vijg 0pa[c]x(öv §7rapY_s£ag gehört ohne Zweifel
einer thrakischen Legation an, welche Iuvenis, wie
manche seiner Vorgänger (z. B. L. Pullaienus Gargilius
Antiquus nach CIL III Suppl. n. 7394; T. Statilius
Barbaras nach Arch.-epigr. Mitth. XV 105 n. 42,
XVIII 118 n. 35) als consul designatus — daher
adulatorisch bKaieü^nog — bekleidete; ähnlich er-
klären sich thrakische Münzaufschriften wie Cat.
Brit. Mus. Thrace 150 n. 23: &7i(<x-:eüovtos) <J>ocß(£ou)
'A.';p'.KT.zivo\) Efep(iv?Ku)v); Mionnet Suppl. 451 n. 1466
(allerdings nach Vaillant): Ü7t(a-su3V"0{) Tu.p~;Odou
'A.v~i-/.ou (dazu Kalopothakes p. 38, i). Dagegen
steht nichts im Wege, die zweite Inschrift aus dem
damals moesischen Nikopolis Dumont a. a. O. p. 364
n. 6 2 33 = Arch.-epigr. Mitth. X 243 n. 10 mit
ÖTta-usüov-coj ir.apyj.ac, Oöttevvfou Toußsvtou äv"[t]a-cpa-
zifjou, welche Homolle und die Prosopogr. a. a. O.
ohne Grund für aus Thrakien verschleppt halten,
auf eine spätere Statthalterschaft desselben Mannes
in Moesia inferior zu beziehen.

Mit der neuen Ordnung wurde Thrakien ein
selbständiges Militärcommando; die dortige Inschrift
einer Cohorte vom J. 199 CIL III Suppl. n. 7418 -
n. 12337 (= Arch.-epigr. Mitth. XVII 216 n. 118)
nennt als ihren Befehlshaber den Legaten Thrakiens
C. Caecina Largus (Kalopothakes p. 55 n. 7; Proso-
pogr. I 256 n. 76).

Die Durchdringung des thrakischen Gebietes im
Norden des Haemus mit römischen Elementen ist
spät und unvollständig vor sich gegangen; eigentlich
hat sie nur die Uferlandschaft an der Donau er-
griffen. Von Claudius bis auf Domitian lagerten hier
nur Auxilien; nach Iosephus (oben Sp. 183) standen
um das J. 66 in ganz Thrakien bloß etwa 2000 Mann
Hilfstruppen, während römische Legionen nach wie
vor nur in der alten moesischen Landschaft statio-
nierten (oben Sp. 177; vgl. Mommsen, RG.V.194, i.)
Erst mit der Errichtung des untermoesischen Com-

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