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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 5.1902

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Hartwig, Paul: Bronzestatuette eines Hoplitodromen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31257#0175

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i65

Bronzestatuette eines Hoplitodromen.

Tafel IV.

Die auf Taf. IV i.11 drei Ansichten wiederg-egebene o -o7 ,n hohe Bronzestatuette
stammt zuverlässigen Angaben zu Folge aus Capua und befindet sich seit kurzem
in der Sammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses in Wien. Wegfgebrochen sind
die Füße, die entweder auf einer Basis standen oder auf einem Geräththeile,
etwa einem Cistendeckel oder dem Aufsatze eines Candelabers. Einem (nicht
modernen) Schnitt längs des Gesichtes ist die Nase und ein Theil des Mundes
zum Opfer gefallen. Die Bronze ist, wie das bei derartigen kleinen Werken fast
immer der Fall ist, massiv gegossen. Die Patina ist gleichmäßig hellgrün.

Wir sehen einen nackten Jüngling von untersetzter Statur und vollen rund-
lichen Formen in einer sehr charakteristischen Stellung vor uns. Das linke Bein
ist ein wenig vorgesetzt, der Kopf leicht nach der gleichen Seite gewendet. Beide
Arme sind im Gelenke eingebogen und bis zur Hüftengegend erhoben, die Fäuste
fest geschlossen. Den Kopf deckt ein Helm mit tief in den Rücken herab-
reichendem Busch und aufgeklappten Backenlaschen. Die Haare des Helmbusches
und der Bügel auf der einen, rechten, Seite sind sorgfältig ciseliert.

Der Benennung sind enge Grenzen gezogen. An einen Krieger wird man
der unvollständigen Bewaffnung wegen so wenig wie an Ares denken dürfen.
Für Ares ist die Figur auch zu jugendlich und sie liat gewiss gar nichts von
einem Gotte an sich. So bleibt nur übrig einen Hoplitodromen zu erkennen.
Freilich wäre die Bewaffnung auf den Helm beschränkt, es fehlen Beinschienen
und Schild, welch letzterer den Agon des Waffenlaufes erst zu einem schwierigen
machte. Aber die berühmteste Figur eines Waffenläufers, welche uns aus dem
Alterthume erhalten ist, die Tübinger Bronze, bietet zur Zeit ja auch kein anderes
Bild, 1) da bei ihr ebenfalls nur der Plelm vorhanden ist. Beinschienen waren für
den Waffenlauf, wie es scheint, schon von altersher nicht unbedingt erforderlich.
Man vermisst sie mitunter ebenso auf den attischen Vasen des fünften Jahrhunderts,
welche häufig Waffenlauf und Waffenläufer schildern. 2) Es ist auch nicht glaub-
lich, dass die Beinschienen an der Tübinger Bronze separat gearbeitet und später
verloren gegangen seien. Allerdings war dies, wie Hauser nachzuweisen sich be-
müht hat, bei dem Schilde der Fall. Dieser Nachweis und der weitere, dass die
Stellung und Bewegung der P'ig-ur eine bei Waffenläufern auf griecliischen Vasen

’) Jahrbuch 1886 Taf. 9; Collignon, Histoire de 2) Vgl. über das allgemeine Zuriicktreten der

la sculpture grecque I 306; Overbeck, Plastik 4 I Beinschienen in der Kunst und Literatur des fünften
245 u. s. w. Jahrhunderts Benndorf, Heroon von Gjölbaschi 238 f.
 
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