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PROBLEMATISCHE WERKE

K.-A. Knappe

Dank der kritischen Arbeit C. Kochs441 ist das Baldung-Oeuvre heute in einem für das Forschungs-
gebiet ’Dürerzeit* selten vollkommenem Maße von problematischen Werken und Fehlattributationen
gereinigt. Dies gilt insbesondere für die Nürnberger Schaffensperiode. Wenn dennoch bisher nicht in
allem Übereinstimmung erzielt wurde, so beruht das häufig auf Werkstattgegebenheiten, dem engen Kon-
nex unter den Mitgliedern der Dürerwerkstatt, wo die einzelnen heranreifenden Künstlerpersönlichkeiten -
neben Baidung vor allem Kulmbach und Schäufelein - sich intensiv gegenseitig anregten und oft Bild-
gedanken Dürers ähnlich reproduzierten, während der Meister seinesteils Anregungen seiner Mitarbeiter
aufgrifF442. Daher begegnen wir naturgemäß manchem Werk, in dem sich Wesenszüge von verschiedenen
Künstlern mischen, so daß bald die eine, bald die andere Fland vexierbildhaft zu dominieren scheint.

Am stärksten tritt diese Problematik bei Arbeiten auf, an denen von vornherein mehrere Künstler
beteiligt waren, wie Folgen von Buchillustrationen und Glasgemäldezyklen. In beiden Fällen gibt sich
zudem die Handschrift des Entwerfers nur insoweit zu erkennen, als es Wille und Möglichkeit des
Formschneiders oder Glasmalers gestatten.

So gehören recht eigentlich einige Glasmalereien an die Spitze der problematischen Werke. Um
diese Gruppe nicht zu sehr aufzuspalten, haben wir aber bereits im Glasmalerei-Kapitel bei Behandlung
der Scheiben in Wöhrd, Henfenfeld und Schwäbisch Gmünd auf einzelne Beispiele hingewiesen443.

Nur einige Scheibenrisse sind in diesem Abschnitt noch zu erwähnen, die mit dem jungen Baidung,
nach unserer Meinung, zu Unrecht in Beziehung gebracht worden sind. Zumeist gehen die Zuschrei-
bungen schon auf G. v. Terey444 zurück. Zum Teil darauf gestützt, hat in neuerer Zeit H. Beenken445
einen weidlich heterogenen Zeichnungsbestand dem Nürnberger Schaffen Baidungs cinzughedern ver-
sucht. Hiervon sind die beiden Risse von 1502, >Tod zu Pferd< und > Sixtus Tücher am offenen
Grabet (W213, Hannover; W 214, Frankfurt), die wichtigsten Blätter, die in ihrem feingliedrigen Auf-
bau und zarten Zeichenweise zu echten Baldung-Werken, selbst >Aristoteles und Phyllist (K 1, 1503),
in denkbar großem Gegensatz stehen, und neben dem ebengenannten Blatt geradezu als Exempel für
Dürers Auffassung gelten könnten446. Die Zuweisung der Dreipaßvisierungen447 an Baidung wirkt um
so weniger verständlich, als sie mit den anderen, von H. Beenken448 aufgebotenen Stücken in keiner
Weise harmonieren. Eines, der >Hl. Martin zu Pferd im Rund< (T 197, London)449, stammt eher aus
dem Bereich der kopierfreudigen Brüder Beham. Die danach ausgeführte Scheibe gehörte zu einer bis
1945 im Berliner Kunstgewerbemuseum bewahrten Gruppe, von der ein Stück erst 1533 datiert war450.
Diebeiden anderen, zusammengehörigen Vorzeichnungen, > Hl. Johannes Ev. und hl. Helena<,
(Weimar)451 sowie >Hl. Georg und hl. Margaretha< (T 193, Leipzig), zeigen nur einen Nachklang
von Baidung, der Einzelmotive dazu aus Nürnberg mitgebracht haben mochte452 ; die Wappen weisen
die Zeichnungen als elsässische Arbeiten aus453. Wenn sie wider Erwarten doch aus Baidungs Werk-
statt kommen sollten, können sie erst ab 1509 entstanden sein.

Zwei weitere Glasgemäldevorzeichnungen versuchte kürzlich E. Schilling454 von Dürer auf Baidung
zu ’überschreibeff, die Runde >Tafelnde Gesellschaft und Tod< (W 215, Dresden) und>Europa
 
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