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Ohnefalsch-Richter, Max
Kypros, Die Bibel und Homer: Beiträge zur Cultur-, Kunst- u. Religionsgeschichte des Orients im Alterthume, m. bes. Beruecks. eigener zwoelfjaehrigen Forschungen u. Ausgrabungen auf d. Insel Cypern (Text) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.5181#0071

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02

Max Ohnefalsch-Richter. Kypros, die Bibel und Homer.

des Baumwipfels ein Halbmond.*) Zum Schluss die Gravirungen eines steatitenen Steingewichtes in
natürlicher Grösse. (Fig. 56.)**) Auf den vier schwach nach oben sich verjüngenden Hauptseiten

sieht man zuerst eine sitzende menschliche Figur den Baum oder Zweig halten. Dann folgt ein

Fig. 56.

schreitender Vierfüssler mit Mähne, vielleicht ein Pferd, hinter dessen Rücken ein Zweig schwebt,
bn dritten Felde steht ein Mann in Anbetung vor einem Baume oder Zweige. Auf dem vierten
Felde gewahrt man wieder einen Zweig und einen schreitenden gehörnten Vierfüssler. Der Boden
des Gewichtes ist gleichfalls mit einem Zweige und schreitenden Vierfüssler geziert.1'1* 1 Dass wir es hier
in unserem Falle mit Scenen des Baumcultus zu thun haben, unterliegt mir keinem Zweifel, zumal da ich
in einem der folgenden Abschnitte thönerne Baumidole vorführe, die ich in verschiedenen heiligen
Bezirken selbst ausgrub und welche durch die auf uns gekommenen Schriftquellen über Kypros weitere
Belege linden. Auch haben unsere zahlreichen Abbildungen gezeigt, wie in den verschiedenen Zeit-
abschnitten die Verehrung- heiliger Bäume eine grosse Rolle auf der Insel gespielt hat, wenn auch
im einzelnen Falle nicht immer die Heiligkeit und die Cultbedeutung von der profanen Auffassung
und der Verwendung im decorativen Sinne zu trennen war. fa zuweilen musste der entschieden rein
decorative Character von vornherein betont werden. Ich habe in diesem Abschnitte bei der Vor-
führung des Belegmaterials auf die hellenistische und römische Zeit verzichtet. Ja die jüngsten Bei-
spiele unserer stattlichen Reihe dürften noch in's fünfte vorchristliche Jahrhundert fallen, wobei ich
an Vasen, wie Fig. 48, erinnere.

II. Vergleichnng des Bau mellitus und der Baumornamentik Cyperns mit

anderen Ländern des Orients.

In diesem Abschnitte sollen uns die Darstellungen von Bäumen und Baumornarrienten, von
heiligen und profanen Bäumen anderer orientalischer Länder beschäftigen. Wir wollen zeigen, wie
durch die verschiedensten Alterthümer und durch die auf ihnen angebrachten Darstellungen auch in
diesem Formen- und Ideenkreise die Vermischung, gegenseitige Durchdringung und Amalgamirung
zwischen fremdländischen Cultur-, Cultus- und Kunstgebilden und inländischen kyprischen stattfand.
Wir eröffnen die Reihe mit

*) King (Cesnola-Stern S. 340) hat wieder hei Gesenius (Mon. phoen. Xu. bWi-n einen ähnlichen
Typus mit phönikischer Inschrift gefunden.

**) A. P. di Cesnola, Salaminia, Seite 134, Fig. 127.
***) Die Fabrication dieses und ähnlicher kyprischer Gewichte, von denen ich noch einige weiter unten
anführe, scheint nach den Fundumständen, soweit sie sicher bekannt sind, in einen Zeitabschnitt zu gehören,
der in der Bronzezeit etwa um die Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrtausend beginnt und bis in's achte,
 
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